Pestalozzi-Verlag
Der Pestalozzi-Verlag war ein deutscher Buchverlag, der auf die 1844 gegründete Bilderbücherfabrik Löwensohn zurückgeht. Nachdem 1962 die Disneylizenz auf Nicht-Comic-Produkte vom Blüchert-Verlag auf den Delphin-Verlag und den Pestalozzi-Verlag übertragen wurde, verlegte Pestalozzi zahlreiche Disney-Bilderbücher. 1998 kaufte die dänische Egmont-Medienholding den Pestalozzi-Verlag auf und führte ihn ein Jahr als Kinderbuchverlag Egmont Pestalozzi weiter, 1999 wurde er dem Egmont-Franz-Schneider-Verlag in München beigeführt. 2000 wurde der Pestalozzi-Verlag Teil von Egmont Kopenhagen, wo Pestalozzi im Sommer 2007 endgültig geschlossen wurde.
Im Pestalozzi-Verlag wurden die Zeichner und Zeichnerinnen in den verschiedenen Publikationen nicht genannt. Die am häufigsten verlegten Illustratorinnen des Pestalozzi-Verlages waren Felicitas Kuhn, Anny Hoffmann und Gerti Mauser-Lichtl,[1] viele Illustrationen stammen auch von Wolfgang Schäfer.
Geschichte[Bearbeiten]
Gerson Löwensohn gründete am 2. September 1844 in Fürth die Kupferdruckerei Löwensohn, die nach dem Verkauf von Kupferstichen bekannter Persönlichkeiten ab 1856 mit der Produktion von Kinder- und Bilderbüchern begann. Durch die Übernahme der Geschäfte durch Löwensohns Söhne und den Fortschritt des Druckhandwerks konnte der Verlag weiter ausgebaut werden: Von 1882 bis 1937 druckte die Fabrik hauptsächlich Bilderbögen, Mal- und Bilderbücher, das Verlagsprogramm bot 1894 über 700 Titel in bis zu zehn Sprachen. Ende der 1920er Jahre kaufte die Bilderbücherfabrik Löwensohn einen kleinen Verlag mit dem Namen Pestalozzi-Verlag auf, über dessen Ursprünge heute nichts mehr bekannt ist. Doch die Firma kann sich während der nationalsozialistischen Herrschaft nicht mehr halten. Die jüdischen Inhaber werden gezwungen, ihre verlegerischen und buchhändlerischen Tätigkeiten einzustellen und verkaufen ihr Unternehmen 1937 an die Kunstanstalten May AG (KAMAG) in Dresden. Vom Kaufpreis erhielten die Geschäftsführer nur 5 Prozent, den Rest der Verkaufssumme behielt der NS-Staat. Der Name der Bilderbücherfabrik Löwensohn ändert sich 1938, die Fabrik wird zu einer GmbH, der Pestalozzi-Verlag Graphische Gesellschaft mbH. Der ehemalige Prokurist Emil Franke, der seit 1923 in der Firma arbeitete, wurde zum neuen Geschäftsführer. Die beiden ehemaligen Geschäftsführer Gustav und Robert Löwensohn wurden während der weiteren Kriegsjahre in ein KZ deportiert und dort umgebracht. Der dritte Geschäftsführer, Ernst Rosenfelder, überlebte im Londoner Exil.[2]
1946 wurde die Produktion wieder aufgenommen, während der 1950er und 1960er Jahre entwickelt sich der Verlag zu einem der führenden Bilderbuchverlage im deutschen Sprachraum und war Marktführer im Bereich von Pappbilderbüchern. Durch die laufende Erweiterung der maschinellen Ausstattung wächst das Unternehmen derart, dass sie 1964 innerhalb von Fürth und 1972 nach Erlangen-Eltersdorf umziehen müssen. Nach der Umsiedlung übernahm der Pestalozzi-Verlag 1972 den Scholz-Mainz-Verlag, 1983 den Stuttgarter Boje-Verlag und 1988 den Kinderbuchbereich von Mulder BV. Mit einer Jahresproduktion von 14 Millionen Pappbilderbüchern war der Pestalozzi-Verlag 1993 Weltmarktführer in diesem Produktbereich. 1994 gab der Verlag ihre Chronik „150 Jahre Pestalozzi-Verlag“ heraus, geschrieben von Veronika Jeuck.
Die beiden Geschäftsführer des Egmont-Verlages und des Pestalozzi-Verlages gaben am 13. Oktober 1997 bekannt, dass der Egmont Verlag mit einer Mehrheitsbeteiligung von 90% den Pestalozzi Verlag übernehmen wird.[3] Der Egmont Verlag kaufte Pestalozzi 1998 und führte den Verlag ein Jahr unter dem Namen Egmont Pestalozzi weiter. 1999 wurde er dem Egmont-Franz-Schneider-Verlag in München beigeführt.[4][5][6] 2000 wurde Egmont Pestalozzi Teil von Egmont Kopenhagen,[7] wo Pestalozzi im Sommer 2007 nach 163 Jahren Firmengeschichte endgültig geschlossen wurde.[3]
Die Verlags-Website www.pestalozzi-verlag.de ist inzwischen nicht mehr erreichbar.[8]
Pestalozzi und Disney[Bearbeiten]
Als der Blüchert-Verlag 1962 die Disneylizenz an den Pestalozzi-Verlag und Delphin-Verlag übertrug, setzte Pestalozzi seit 1964 die Reihe „Walt Disneys Micky Maus Buch“ fort und legte bereits veröffentlichte Ausgaben neu auf. Da die Änderungen der von zwei Verlagen publizierten Ausgaben nur gering sind, wird davon ausgegangen, dass auch die Druckfilme mit übertragen wurden.[9] Nach dem riesigen Erfolg der Pixi-Bücher im Carlsen Verlag seit 1954 hatte nicht nur der Blüchert-Verlag das Konzept übernommen und leicht angepasst, auch bei Pestalozzi erscheinen seit den 1950er Jahren sogenannte Mini-Bücher nach demselben Konzept. Der Unterschied liegt im Format: Pixi-Bücher erscheinen im Format 10 x 10 cm, Blücherts Micky Maus Bücher sind 12 x 10 cm groß und Pestalozzis Mini-Bücher umfassen 12,5 x 12,5 cm.[10] Die kleinformatige „Walt Disneys Micky Maus Buch“-Reihe erschien bei Pestalozzi bis weit in die 1970er Jahre im Blüchert-Format, wo sie auch weitere Pestalozzi-Reihen im selben Format inspirierte.
Von 1969 bis 1995 erschienen bei Pestalozzi vierteilige Mini-Reihen, meist zur Veröffentlichung eines neuen Disney-Films:
- 1969: Walt Disney’s Mogli
- 1974: Walt Disney’s Robin Hood
- 1978: Walt Disney’s Elliott das Schmunzelmonster
- 1982: Walt Disney’s Cap und Capper
- 1989: DuckTales
- 1991: Walt Disney’s Arielle - Die Meerjungfrau
- 1992: Die Schöne und das Biest
- 1993: Walt Disney’s Aristocats
- 1993: Walt Disney’s Aladdin
- 1994: Der König der Löwen
- 1995: Pocahontas
Pestalozzi gab auch Top-Register-Bilderbuch heraus mit zehn Kartonbättern, die oft dazu genutzt wurden, dem Kind das Zählen beizubringen.[11] Mit Disney-Figuren bot Pestalozzi die Top-Register-Bilderbücher „Donald Duck in Entenhausen“, „Walt Disneys 10 lustige Gesellen“ und „Hier kommt Micky zu Besuch!“ an.
Seit 1965 erschienen insgesamt fünf Ausgaben von „Walt Disney’s BaBiBu – Bastel-Bilder-Buch“. Den Bänden lagen zwei einseitig bedruckte Bögen mit Farbigen Bildern bei, die ausgeschnitten und im Album an die richtige Stelle geklebt werden sollten. Die ersten drei Ausgaben basieren auf Dokumentationen der True-Life Adventures-Reihe, die letzten beiden auf Trickfilmen.[12]
Ab 1973 erschienen bei Pestalozzi acht Hefte der Reihe „Walt Disneys Micky Krimi“, eine Bilderbuchreihe, die etwas größer als die Reihe „Walt Disneys Micky Maus Buch“ ist.[13] Ein Jahr später erschien „Donald Ducks Hobby-Buch“, ein Rätsel- und Spielheft, bei dem es nur bei einer Ausgabe blieb.[14]
Verschiedene Disney-Produktionen wurden in den für Pestalozzi typischen Pappbilderbüchern mit abgerundeten Ecken adaptiert, deren Reihen sich durch ihr Format unterscheiden: Die auf Fernsehserien basierenden Bände („DuckTales“ und „GummiBären“ bzw. „Gummibärenbande“) und die „Disney Babies“-Reihe sind einheitlich 18,8 cm x 16 cm klein,[15] die Film-Adaptionen mit 23,5 x 20 cm etwas größer (z.B. „Die Schöne und das Biest: In Gefangenschaft“). „Walt Disney’s Winnie Puuh“ erschien mit 20 x 24 cm fast gleich groß, nur im Querformat statt hochkant,[16] „Micky Maus und ihre Freunde“ misst sogar 27 x 20,5 cm, beinahe DIN A4-Format.[17]
Bei Pestalozzi erschienen auch Bilderbücher über Besuche in Disneyland, sowohl 1970 mit „Donald Duck in Disneyland“ als auch 1994 mit „Ein Tag in Disneyland Paris“.
Es liegt keine Bibliographie zum Verlag vor.
Weblinks[Bearbeiten]
- Pestalozzi-Verlag auf Wikipedia
- Bilderbücherfabrik Löwensohn im FürthWiki
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ „Pestalozzi-Verlag“. grimmbilder.fandom.com
- ↑ „Bilderbücherfabrik Löwensohn“. fuerthwiki.de
- ↑ 3,0 3,1 „Der Löwensohn/Pestalozzi Verlag ab 1938 - bis 2007“. past-childrens-books.de
- ↑ „Pestalozzi Verlag“. wikipedia.org
- ↑ „Pestalozzi Verlag“. past-childrens-books.de
- ↑ „Egmont Pestalozzi Verlag“. brandora.de
- ↑ (01.07.2000). „Der Kinderbuchverlag Egmont Pestalozzi geht online“. new-business.de
- ↑ (2013). „Pestalozzi Verlag“. buchhexe.com
- ↑ „Walt Disney’s Micky Maus Buch“. past-childrens-books.de
- ↑ „Pixi-Bücher“. wikipedia.org
Marc Gottlieb. „Walt Disneys Micky Maus Buch“. vintagebooks.de
Marc Gottlieb. „Ein Mini Buch“. vintagebooks.de - ↑ Marc Gottlieb. „Register- und Fensterbilderbücher“. vintagebooks.de
- ↑ Marc Gottlieb. „Walt Disney’s BaBiBu – Bastel-Bilder-Buch“. vintagebooks.de
- ↑ „Walt Disney’s Micky Krimi“. past-childrens-books.de
- ↑ Marc Gottlieb. „Donald Ducks Hobby-Buch“. vintagebooks.de
- ↑ „Bücher“. gummibaerenbande.fandom.com
- ↑ Marc Gottlieb. „Serie 1610 – Kinder Tiere Technik“. vintagebooks.de
- ↑ Marc Gottlieb. „Serie 1560 – z.B. Micky Maus und ihre Freunde“. vintagebooks.de