Dark Ages
Dieser Artikel behandelt unternehmensgeschichtlich entscheidende Zeitabschnitte in der Historie der Walt Disney Company. Während der so genannten Dark Ages befand sich der Konzern in großen finanziellen, strukturellen und teilweise auch künstlerischen Problemen. Diese Schwierigkeiten wirkten sich nicht nur auf die wirtschaftliche Stellung der Walt Disney Company aus, sondern auch auf die Produktionen des Konzerns. Diese Dark Ages fanden aus rein objektiver Sicht von 1941 bis einschließlich 1946 und von 1979 bis einschließlich 1984 statt.
In diesem Artikel möchten wir eine möglichst übersichtliche und zugleich detaillierte Übersicht auf die jeweiligen problematischen Epochen bieten. Für weitere Informationen bietet es sich an, die jeweils verlinkten Artikel über die Filme, Personen und Themenparkattraktionen, die zu diesen Zeitpunkten eine entscheidende Rolle spielten, zu lesen.
Was sind „Dark Ages“?[Bearbeiten]
Begriffserklärung[Bearbeiten]
Der Terminus „Dark Age“ (Pluralform Dark Ages) leitet sich vom wesentlich geläufigeren Begriff „Golden Age“ beziehungsweise „Golden Ages“ ab. Der Fachbegriff des goldenen Zeitalters (wie man die Golden Ages in Deutschland nennt) stammt ursprünglich aus der griechischen Mythologie und bezeichnet eine Phase des Idealzustands. Mittlerweile wird als „goldenes Zeitalter“ hauptsächlich ein Zeitabschnitt bezeichnet, in dem ein gewisser Trend, eine bestimmte Branche, eine gewisse Technik oder eine spezifische Kunstform ihre Glanzzeit erlebte.
Besonders häufig wird dieser Begriff im Zusammenhang mit Hollywood verwendet. Filmhistoriker und Cineasten sind sich einig, dass das goldene Zeitalter Hollywoods in der Zeit vom Aufkommen des Tonfilms bis in die späten 40er Jahre einzuordnen ist. Die Filmbranche expandierte besonders schnell und sorgte für sehr viel Aufsehen, während in kurzen Zeitabständen neue, revolutionäre Filmtechniken entdeckt wurden und „wie aus dem Nichts“ Stars und Filmpioniere auftauchten.
Das Gegenstück dazu sind die so genannten „dunklen Zeitalter“ (oder eben „Dark Ages“). Im Gegensatz zur zeitlichen Einteilung des goldenen Zeitalters sind sich Branchenkenner und Filmfans nie völlig einig geworden, wo man in der Geschichte des Films diese Dark Ages wieder findet. Einzig die Zeit in den späten 60er Jahren, bevor einige revolutionäre Filmemacher mit der „New-Hollywood“-Bewegung wieder Leben in die Filmwirtschaft gebracht haben, kann ohne größere Zweifel als ein solches dunkles Zeitalter bezeichnet werden.
Allgemein sind sie Zeitabschnitte des Versagens und von Aussichtslosigkeit (wie etwa das „finstere Mittelalter“). In der Filmbranche kennzeichnen sich die Dark Ages dagegen durch künstlerische und kommerzielle Misserfolge aus.
Zeitliche Einordnung[Bearbeiten]
Aufgrund des zu einem Großteil subjektiven Aspekts des künstlerischen Misserfolges, der für die Kennzeichnung eines Zeitabschnitts in ein Dark Age zu berücksichtigen ist, muss man diesen Vorgang möglichst mit Bedacht durchführen, sofern man subjektiv und/oder wissenschaftlich vorgehen möchte. So kann es nämlich sein, dass eine Epoche, die einer einzelnen Person oder einer Gruppe besonders zusagt und von ihr deshalb niemals als dunkle Phase bezeichnet werden würde, einer anderen Gruppe sehr missfällt.
Im Fall der Walt Disney Company ist es zwar nicht völlig unmöglich, Dark Ages ausfindig zu machen, ohne den subjektiven Gesichtspunkt außer Augen zu lassen, jedoch sollte man dennoch berücksichtigen, dass Werke aus einem Dark Age nicht gleich schlecht sind oder schlecht sein müssen. Vielmehr kann man das „künstlerische Versagen“ als das misslungene Adressieren an eine bestimmte Zielgruppe definieren, auch im Zusammenhang mit wirtschaftlichem Misserfolg. Oder, in manchen Fällen, auch als konzerninterne Differenzen bezüglich der künstlerischen Richtung, die angeschlagen werden soll.
Auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen kann man sich nicht ohne Weiteres mit jedem auf genaue zeitliche Einteilungen einigen, da manche etwas weniger strenge Maßstäbe setzen und somit ein Dark Age als länger ansehen. Um möglichst subjektiv zu bleiben, wurden für diesen Artikel die „kleinsten gemeinsamen Nenner“ berücksichtigt. Populärere andere Ansichten, die einige Jahre zusätzlich als Teil eines dunklen Zeitalters ansehen, werden im Laufe des Artikels erwähnt.
Wann ist eine Epoche für den Disney-Konzern ein „Dark Age“?[Bearbeiten]
Ein Dark Age der Walt Disney Company liegt vor, wenn sich der gesamte Konzern in einer Krise befindet. Besonders relevant sind deshalb die finanziellen (und künstlerischen) Situationen, in denen sich die Filmstudios und die Themenparks befinden, da sie für die gesamten Einnahmen des Konzerns am entscheidendsten sind. Krisen in anderen Sektoren wie den Comics haben hingegen kaum Auswirkungen auf den ganzen Konzern und sind deshalb bei der Untersuchung von Dark Ages nicht sonderlich relevant.
Das erste Dark Age: Der Zweite Weltkrieg[Bearbeiten]
Das erste Dark Age der Walt Disney Company begann während des Zweiten Weltkrieges und endete einige Jahre danach.
Kontroverse zur Zugehörigkeit des Jahres 1940 zum „Dark Age“[Bearbeiten]
Für viele begann dieses erste Dark Age der Disney-Geschichte bereits 1940. Die Begründung für diese Ansicht ist, dass 1940 keine Einnahmen für Schneewittchen und die sieben Zwerge gemacht wurden, die neuen Meisterwerke Pinocchio und Fantasia, die in diesem Jahr gestartet wurden, jedoch nicht in die Fußstapfen des Vorgängers treten konnten. Stattdessen machten beide Filme Verluste, wenngleich zu beachten ist, dass Pinocchio innerhalb der USA durchaus Geld einspielte, seine Kosten aber dennoch nicht decken konnte, da die eingeplanten Märkte in Europa durch den Krieg wegfielen. Fantasia hingegen wurde seinerzeit tatsächlich als Flop im kommerziellen und künstlerischen Sinne angesehen, gilt heute aber als Meilenstein des Zeichentricks.
Neben den teuren Meisterwerken spielten 1940 allerdings auch noch die Kurzfilme eine wichtige Rolle in den Studios, die in diesem Jahr noch nicht vom Krieg beeinflusst wurden. Außerdem war die Atmosphäre in den Disney-Studios (noch) recht enthusiastisch, unter anderem aufgrund der zunehmenden Anerkennung der Disney-Filme als Kunst. So produzierte das Los Angeles County Museum in diesem Jahr eine Retrospektive auf verschiedene Disney-Filme. Außerdem muss erwähnt werden, dass das Comicmagazin Walt Disney's Comics & Stories in diesem Jahr ins Leben gerufen wurde, welches sich als eine solide Geldquelle entpuppte.
Deshalb ist es schwer, rein objektiv zu entscheiden, ob das schlechte Abschneiden von Pinocchio und Fantasia noch als bloßer Auslöser des Dark Age anzusehen ist, oder ob man die Schuld ausschließlich auf den zweiten Weltkrieg schiebt und 1940 deshalb mit in das „dunkle Zeitalter“ einschließt.
Unbestritten ist jedoch, dass Disney sich ab 1941 in einer großen Krise befand und spätestens in diesem Jahr ein „dunkles Zeitalter“ angebrochen war.
Auslöser und Verlauf[Bearbeiten]
→ Siehe auch Haupartikel Die Disney-Studios im Krieg
Die finanzielle und künstlerische Problemsituation, in der sich die Disney-Studios 1941 befanden, hat mehrere Auslöser. Zum einen kostete der Bau des neuen Disney Studios, das von Kem Weber, einem Anhänger moderner Architektur, entworfen wurde und in Burbank lokalisiert war, sehr viel. Noch teurer waren für Disney aber die beiden Filme Pinocchio und Fantasia, die sich beide als kostenintensiver herausstellten, als man es noch prognostizierte.
In einer normalen Situation wäre das Geld jedoch nach einiger Zeit wieder in die Kassen Disneys zurückgeflossen, doch der Wegfall des europäische Marktes zollte seinen Tribut. Und so kommen wir auf den größten Auslöser der finanziellen Notsituation Disneys und (später) auch der künstlerischen Probleme zu sprechen: Den Zweiten Weltkrieg.
Da Walt Disney anhand der niedrigen Einnahmen von Pinocchio und Fantasia das Problem erkannte, sah er sich gezwungen, die Kosten drastisch zu senken. Um das Beste aus der Notsituation zu machen, brachte man sozusagen als „Verlegenheitsfilm“ Walt Disneys Geheimnisse in die Kinos, einen kostengünstigen Mischfilm. Außerdem willigte Disney ein, Ausbildungsfilme zu drehen. Der erste dieser Art war Four Methods of Flush Riveting für Lockheed Air. Diese Ausbildungsfilme spielten zwar keinen so großen Gewinn ein wie die richtigen Cartoons, aber sie hielten die Produktion in den Studios am Laufen, was Disney sehr wichtig war.
Aus diesem Grund willigte Walt Disney auch ein, eine „Good Will Tour“ durch Südamerika zu machen. Nelson Rockefeller, der Koordinator für interamerikanische Beziehungen im Außenministerium, bat ihn, durch Südamerika zu touren und dabei für die Völkerverständigung zwischen den USA und Südamerika zu werben. Dabei sollte Disney auch Filmmaterial drehen, wofür Rockefeller eine Bürgschaft von 50.000 Dollar aufnahm, falls die Filme später ihre Kosten nicht einspielen sollten. Wie sich später herausstellte, war dies nicht nötig, da die beiden aus der Tour resultierenden Filme Saludos Amigos und Drei Caballeros große Erfolge feierten. Die Gefahr, das Studio schließen zu müssen, schien vorerst bewältigt.
Doch während Walt Disney mit der Good Will Tour, auf die er einige seiner besten und vertrautesten Mitarbeiter mitnahm, einen Schritt in Richtung Erfolg und weg von einer Krisensituation in den Studios unternahm, entbrannte in diesen ein großer Streik. Während diesem erhitzten sich immer mehr Gemütern und die Atmosphäre in den Disney-Studios änderte sich nachhaltig. Der kumpelhafte Umgangston aus den 30er Jahren sollte nie wieder vollständig zurückkehren.
Die vorhin erwähnte Kostensenkung für die „normalen“ Produktionen sieht man auch dem nächsten Meisterwerk an: Dumbo hat lediglich eine Laufzeit von 61 Minuten, verzichtet völlig auf aufwändige Multiplane Kamera-Aufnahmen und ist mit den günstigeren Cartoonfarben gezeichnet worden. Während Dumbo aber dank der niedrigen Kosten auch auf dem verkleinerten Markt dennoch noch Gewinn bringen konnte, näherte sich der nächste Schicksalsschlag, der sämtliche aufkommende Hoffnung, dass das Dark Age zu Ende gehen könnte, im Keim erstickte: Mit dem Angriff auf Pearl Harbor traten nun auch die USA in den Krieg ein. Plötzlich erhielten die Disney-Studios immer mehr Auftragsarbeiten von verschiedenen Ministerien, der Armee, der Luftwaffe und der Navy, was der künstlerischen Kreativität einen starken Dämpfer erteilen sollte. Während zahlreiche Animatoren in den Krieg eingezogen wurden, belagerten 700 Soldaten einer Flugzeugabwehreinheit die Räume des Studios.
Bambi konnte gerade noch mit Müh und Not fertig gestellt werden, jedoch waren die Einnahmen von etwas mehr als einer Millionen Dollar nicht wirklich zufriedenstellend, so dass sich Disney gezwungen sah, sich noch mehr auf die sicheren Einnahmen aus den Auftragsarbeiten zu beschränken. Ganz wollten aber weder Disney noch seine Animatoren und Autoren die kreativeren Filme aufgeben, zumal sie sich von ihnen noch mehr Erfolg versprachen. So drehten sie weiter Cartoons und bemühten sich auch wieder, lange Filme drehen zu können. Da die finanzielle Lage dies aber nicht erlaubte, wurden die Package Movies erfunden – schnelles Geld, das es allerdings in der Regel künstlerisch bei weitem nicht mit Meisterwerken „aus einem Guss“ aufnehmen kann.
Problembewältigung[Bearbeiten]
Als der Krieg schließlich zu Ende ging, war zumindest wieder das gesamte Studio in der Lage, an eigenen Produktionen zu arbeiten. Der Streik war mittlerweile auch beigelegt und die Animatoren kehrten von der Front zurück. Dennoch konnte Disney nicht sofort einen abendfüllenden Trickfilm in die Kinos bringen, da während des Kriegs sämtliche Produktionen und Entwicklungsphasen an ihnen abgebrochen wurden. Ein langer Zeichentrickfilm benötigt jedoch drei bis vier Jahre Produktionszeit.
Da der Staat nur noch wenige neue Ausbildungsfilme benötigte, fiel nun auch diese sichere Einnahmequelle weg, so dass sich Disney gezwungen sah, schnellstmöglich wieder einen Hauptfilm zu veröffentlichen. So wurden weitere Package Movies produziert. Eine weitere Möglichkeit sah Disney darin, einen Spielfilm zu drehen, da diese eine wesentlich kürzere Produktionszeit haben. Allerdings bezweifelten zuerst Disneys Verleih RKO und die Kinobesitzer, schließlich auch Walt Disney selbst, dass das Publikum einen Disney-Film ohne Animation sehen möchte. So entschloss man sich, Mischfilme zu drehen.
Mit dem großen Erfolg des ersten Mischfilms der Nachkriegsära, das heute wegen Rassismus stark kritisierte Onkel Remus' Wunderland aus dem Jahr 1946, schafften es die Studios wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. Doch während den Produktionen an weiteren Filmen musste Disney feststellen, dass sich die Filmproduktion drastisch verteuert hat. Er musste zahlreiche Bankkredite aufnehmen und 300 Mitarbeiter entlassen. Daraufhin begann eine finanzielle Umstrukturierung, von denen sich Disney eine Kostenreduzierung versprach.
Ab 1947 fruchteten diese Bemühungen: Dank der Einnahmen durch die Cartoons, dem Merchandising und Onkel Remus' Wunderland erreichte Disney so hohe Einnahmen, dass das Dark Age endgültig als bezwungen angesehen werden konnte. Im Laufe des Jahres stiegen die Einnahmen weiter und am Ende des Jahres betrugen die Bruttoeinnahmen sechs Millionen Dollar – ein neuer Rekord für das Studio. Sämtliche Zweifel waren beseitigt und die Motivation kehrte ins Studio zurück.
1948 kam zudem der erste Disney-Dokumentarfilm in die Kinos und die Cartoon-Produktion erreichte altbekannte Höhen. Dennoch wurde Disney klar, dass er schnellstmöglich einen „klassischen“, abendfüllenden Zeichentrickfilm benötigt. Mit Hochdruck begann die Produktion an Cinderella, der 1950 in die Kinos kam. Zusammen mit Die Schatzinsel sorgte dieser Film dafür, dass Disney die alte Stärke wieder erlang.
Das zweite „Dark Age“: Die späten 1970er- und frühen 80er-Jahre[Bearbeiten]
Das zweite und bislang letzte von den meisten Disney-Experten als solches anerkannte „Dark Age“ begann in den späten 1970er-Jahren und endete in den frühen 80er-Jahren, als der Disney-Konzern eine neue Führungsetage erhielt und sich dazu entschloss, unter dem Label Touchstone Pictures Filme für den Erwachsenenmarkt zu drehen.
Auslöser der Krisensituation[Bearbeiten]
Übersicht[Bearbeiten]
Nach dem Tod Walt Disneys am 15. Dezember 1966 konnte sich Walt Disney Productions noch eine Zeit lang an den von ihrem Gründer begonnen Projekten orientieren. Doch auch außerhalb dieser Projekte konnte der Konzern einige Erfolge verbuchen, indem man unter der ständigen Berücksichtigung der Frage „Was würde Walt tun?“ Filme nach dem alten Muster drehte. Während in den ersten Jahren nach Disneys Tod Filme nach altbekanntem Muster wie die Zeichentrickfilme Aristocats und Bernard und Bianca oder die Spielfilme Ein toller Käfer und Die Semmelknödelbande noch Erfolge feierten, ließ gegen Ende der Siebzigerjahre das Interesse an solchen Filmen jedoch nach.
Diese Abneigung gegen das „klassische“ Disney-Repertoire führte zusammen mit Unstimmigkeiten in der Führungsetage dazu, dass die wirtschaftliche Kraft und das Image Disneys sanken, was unweigerlich in ein Dark Age mündete.
Der gewandelte Filmgeschmack des Publikums[Bearbeiten]
Wie in der Einleitung erwähnt, machte Hollywood Ende der 60er-Jahre einen großen Wandel durch – nachdem die Einnahmen der großen Produktionen immer kleiner ausfielen und man schon das Ende des Kinos voraussagte, begann 1967 die Bewegung des „New Hollywood“. Die Filme in dieser Ära wurden von jungen, „wilden“ Regisseuren und Autoren getragen, die dem in ihren Augen verstaubten Hollywoodapparat den Rücken kehrten und Filme so drehten, wie es ihnen in den Sinn kam. Dabei drückten sie in den Filmen die Probleme, welche die Gesellschaft bewegten, oft mit anarchischem Humor, drastischen Bildern und radikaler Gewalt aus.
Auf die Disney-Studios hatte dies allerdings keinen Einfluss. Verständlicherweise wollte keiner dieser „New-Hollywood“-Künstler seine Ideen Disney anbieten, da man annahm, dass Filme voller Drogen, Sex und Gewalt niemals von Disney gedreht würden. Auf der anderen Seite wollte sich Disney tatsächlich nicht der neuen Bewegung anpassen. So war Card Walker, der von Roy O. Disney die Leitung des Filmstabs übernahm, der Meinung, dass die meisten Amerikaner in Wahrheit weiterhin die Filme sehen wollen, die sie zu Walt Disneys Zeiten zu sehen bekamen.
Eine Zeit lang sollte er noch Recht behalten. 1974 zum Beispiel erwiesen sich Castaway Cowboy, Herbie groß in Fahrt und die Wiederaufführungen von Robin Crusoe, der Amazonenhäuptling und Alice im Wunderland als große Hits und die Studios steigerten ihren Gewinn um 21 % gegenüber dem Vorjahr. Doch in den darauffolgenden fünf Jahren sollten Disneys Einnahmen drastisch sinken…
In der Zwischenzeit endete auch die alternative „New-Hollywood“-Ära. Diese hat allerdings das „klassische“ Hollywood, dass in der Zeit von 1967 bis 1976 sozusagen an zweiter Stelle stand, so sehr beeinflusst, dass die Grenzen verschwammen – auch die „normalen“ Hollywood-Filme übernahmen in gemäßigten Zügen die Gewalt und Anarchie von New Hollywood. Es waren solche Filme, die zwischen den Grenzen standen, die das neue Blockbusterkino gründeten: Der weiße Hai, Einer flog übers Kuckucksnest oder Krieg der Sterne wurden von einem breiten Publikum aufgenommen und drängten somit Disneys „klassisches Familienkino“ an den Rand. Das Kinopublikum wurde anspruchsvoller und wollte auch mehr Adrenalin spüren, wenn es ins Kino ging.
Familien und Kinder dagegen entfernten sich vom Kino und konzentrierten sich mehr auf das Fernsehen. Der Gang ins Kino, um einen simplen, familienfreundlichen Film zu sehen, lohnte sich für sie nicht mehr.
Probleme mit den Themenparks[Bearbeiten]
Gemeinsam mit der Filmproduktion waren in den späten 1970er-Jahren die Themenparks Disneys größte und wichtigste Einnahmequelle. Doch als 1973 ein Ölembargo die Tourismusbranche dämpfte und in den Jahren darauf die Ölpreise immer weiter stiegen, gingen die Besucherzahlen drastisch zurück, wobei Disneylands niedrigsten Besucherzahlen in dieser Zeit bereits 1974 gemessen wurden, nur um bis 1984 kontinuierlich auf diesen Wert zurückzufallen. Der kostenintensive Bau von EPCOT verschlechtere die Situation noch weiter. Insgesamt verschlang der Bau, der sich von Oktober 1979 bis in den Oktober 1982 erstreckte, 1 Milliarde Dollar, 400 Millionen Dollar mehr als geplant.
Da allerdings in den Jahren zuvor die Besucherzahlen besonders niedrig waren und die Filmproduktionen Disneys auch immer weniger Geld einbrachten, musste man das erforderliche Geld anderswo wieder einsparen. Deshalb vernachlässigte man teilweise dringende Restaurationsarbeiten in den bislang eröffneten Disney-Parks, was dem Image spürbar schadete.
„Was würde Walt tun?“ und Unstimmigkeiten in der Konzernleitung[Bearbeiten]
Der womöglich entscheidenste Grund, der zum „Dark Age“ führte, war allerdings die stets bedachte Frage „Was würde Walt tun?“. Während Roy E. Disney und auch Ron Miller die Frage mit der Zeit als unangenehm empfanden und kreativ frei sein wollten, folgte Card Walker weiter dem Kurs, den Walt Disney vor seinem Ableben eingeschlagen hatte. Für die Filmabteilung bedeutete dies, dass keine Experimente gemacht werden sollten, sondern nur Filme in dem Stil, die Disney Ende der 1960er produzieren ließ. Weder wurden neue Techniken, noch neue Inhalte entwickelt oder verwendet. Auch im Bereich der Themenparks wollte Card Walker keine Risiken eingehen und änderte möglich wenig an ihnen. Es gab kaum neue Paraden, Shows oder Attraktionen und auch die Eintrittspreise wurden kaum verändert.
Intern erhielt Walker dafür viel Kritik, da die Inflation schneller und stärker anstieg als die Eintrittspreise, sodass der Konzern bei den sinkenden Besucherzahlen und dem sinkenden Geldwert immer weniger verdiente. Walker begründete seine Entscheidung jedoch damit, dass man mit den höheren Preisen nur noch mehr Besucher verlieren würde und Walt den Preis auch fast nie erhöhte. Er verweigerte auch jede Werbekampagne für die Parks, da Walt Disney auch nie Werbung für die Parks gemacht hatte, nur Sondersendungen, die den Park thematisierten.
Während einige der künstlerisch aktiveren Angestellten und Leiter der Walt Disney Productions darauf pochten, dass Walt auch immer für Innovation stand und somit einer der größten Gegner dieser ständigen Frage sei, beharrten Walker und seine Unterstützer auf deren Linie – was ein schlechteres Klima im Konzern zur Folge hatte. Der Imageverlust hatte auch Einfluss auf den Verkauf des Merchandisings, der stetig nachließ.
Als dieses Problem mit den sinkenden Gewinnen der Themenparks und Filmproduktionen kulminierte und 1977 mit Bernard und Bianca der letzte größere Erfolg in die Kinos kam, der ganz allein allerdings nicht die nach unten zeigende Gewinnkurve des Konzerns retten konnte, sank Walt Disney Productions, so der damalige Name der Walt Disney Company, immer tiefer in eine Krise und betrat somit ein zweites Dark Age.
Zeitliche Bestimmung des Beginns des zweiten „Dark Age“[Bearbeiten]
Wann genau die Probleme begannen, die zum zweiten Dark Age führten, ist schwer zu bestimmen. Einerseits ist das Ableben Walt Disneys ein Mitgrund, auch wenn eher ein indirekter. Und während 1974 ein Tiefpunkt für die Themenparks erreicht wurde, hatte die Filmabteilung ein letztes großes Hoch. Ab 1975 verdichteten sich jedoch die Probleme: Die Einnahmen aus der Filmproduktion wurden rückläufig, und die Besucherzahlen der Themenparks konnten sich nicht völlig erholen. Die niedrigen Besucherzahlen von 1974 wurden nicht wiederholt, jedoch wurden die Einnahmen nur kaum bis gar nicht besser, da die Eintrittspreise nicht mit der Inflation und den Erhaltungs- und Baukosten für die Parks mithielten.
Für den gesamten Konzern wurde es jedoch erst nach 1977 brenzlig. In diesem Jahr erreichten zwar sowohl Elliot, das Schmunzelmonster als auch Bernard und Bianca die Top 20 der erfolgreichsten Filme des Jahres, wobei Bernard und Bianca sogar als der mögliche Beginn eines neuen „goldenen Zeitalters“ der Animationsgeschichte gehandelt wurde, jedoch konnten die Einspielergebnisse dieser Filme nicht über die mittlerweile ernsthaft kritische Gesamtsituation hinweghelfen.
1978 könnte man, je nach gesetzten Standards, als den Beginn des zweiten Dark Age sehen, da in diesem Jahr keine Erfolge verbucht werden konnten und somit die kritische Situation verschlimmert wurde. Nach den rein objektiven und eingangs festgelegten Standards ist jedoch 1979 der Beginn des zweiten Dark Age für die Walt Disney Company, da in diesem Jahr die sowohl die Probleme der Themenparks als auch der Filmproduktion außer Ruder gerieten und so den gesamten Konzern in eine Identitäts-, Image- und Wirtschaftskrise stürzten.
Beschränkt man seinen Blick allerdings auf die Spielfilmproduktion der Studios, so sind die gesamten 70er-Jahre oder zumindest die zweite Hälfte des Jahrzehnts bereits als Dark Age anzusehen, da diese Dekade das Jahrzehnt mit den geringsten Einnahmen aus dem Spielfilmgeschäft darstellt und auch die Kritiken besonders schlecht ausfielen. Aus allgemeiner Sicht gab es nur sehr wenige nennenswerte Produktionen und auch aus Disneys Sicht beläuft sich die Anzahl der erinnerungswürdigen Spielfilme vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf beinahe Null.
Misslungene Neuorientierung der Filmproduktion[Bearbeiten]
1979: Das schwarze Loch und der Anfang des „Dark Age“[Bearbeiten]
Einige in der Führungsetage der Walt Disney Studios, darunter auch Ron Miller, erkannten bereits Anfang der 70er-Jahre, dass Disney ein Imageproblem hat, das aufgrund der Art von Filmen, die man produzierte, entstand, und zur Folge hatte, dass die Einnahmen aus der Filmproduktion immer weiter sanken, vor allem, weil die für die Filmindustrie wertvolle demographische Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen von den Disney Filmen abgestoßen wurde.
Um dieses Problem zu beheben, wollte Miller mit allen Mitteln dafür sorgen, dass es dem Studio gelingt, auch diese Gruppen wieder anzusprechen – bereits 1974 begann man deshalb mit der Entwicklung von Das schwarze Loch, einem düsteren und zum Teil dystopischen Science-Fiction-Film, der zunächst allerdings schlicht eine moderne Variante von 20.000 Meilen unter dem Meer werden sollte (diese Wurzeln sind allerdings auch im endgültigen Film schwerlich zu übersehen).
Bis es zum Drehstart dieses erhofften Erfolges mit hohem Produktionsaufwand und -kosten kam, versuchte die von Card Walker geführte Filmabteilung zunächst einmal, die vom Publikum und den Kritikern, aber auch Leuten aus den eigenen Reihen erforderte Neuorientierung mit weniger drastischen Mitteln zu vollführen. Die Ergebnisse dieser Versuche waren Filme wie Candleshoe (1977) und The North Avenue Irregulars (1979). Diese Filme verfügten über eine breite Schauspielriege, die sich von den mittlerweile standardisierten Schauspielern unterschieden, auf die Disney bislang immer wieder zurückgriff. Dies war ein häufig geäußerter Kritikpunkt, man wollte mal wieder andere Gesichter als die vielen Disney-Stammschauspieler sehen, andere Regisseure und Produzenten haben, als die wenigen, die noch für Disney arbeiteten.
Als 1978 die Vorbereitungen für Das schwarze Loch beendet waren und sich immer stärker herauskristallisierte, dass es nicht nur an den Verantwortlichen für die Filme lag, sondern auch an den Filmen selbst, hatte man bereits beschlossen, tatsächlich ein Experiment einzugehen. Das schwarze Loch bekam ein für die damaligen Disney-Studios ungewohnt hohes Budget von immerhin 20 Millionen Dollar genehmigt und war auch als ein Film mit höherer Freigabe konzipiert. Ron Miller konnte sich gegen seine konservativeren Vorgesetzten durchsetzen und durfte der Produktion mit Material, das nach einer PG-Freigabe verlangte, grünes Licht geben und so einen Film für ältere Zuschauer ins Kino bringen.
Auch wenn es nirgends offiziell bestätigt wird, so ist es dennoch glaubwürdig, dass die gemunkelten Informationen darüber wahr sind, dass Disney die Entscheidung, den Film zu produzieren, leichter fiel, weil Star Wars 1977 ein solcher Erfolg war. Gesicherter Fakt dagegen ist, dass Disney den Spezialeffektekünstler Peter Ellenshaw, der für Das schwarze Loch zuständig war und der Vater des für Star Wars entscheidenden P.S. Ellenshaw ist, als der Star des Films beworben wurde. Durch geschicktes Marketing und viele durchaus erfolgreiche Versuche, sich beim Sci-Fi-Fandom Sympathiepunkte zu sichern, versuchte man Das schwarze Loch als den Weihnachtshit des Jahres zu platzieren. Die Erwartungshaltung gegenüber diesen „etwas anderen Disney-Film“ war dementsprechend hoch und die in Trailern und Filmausschnitten gezeigten Spezialeffekte wurden auch vielerorts gelobt, doch letztlich sollte sich das Projekt als mittlere Enttäuschung herausstellen.
Zeitgleich mit dem ersten Star-Trek gestartet, geriet der Film schnell in den Schatten der berühmteren Produktion und die Handlung selber wurde nun auch nur noch mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Zwar nahm der Film 25 Millionen Dollar in den USA ein, was für jeden anderen Disneyfilm derzeit eine enorme Leistung gewesen wäre, doch der Gewinn belief sich aufgrund des hohen Budgets auf 5 Millionen Dollar, wobei die Ausgaben für das Marketing noch nicht mit eingerechnet wurden. So endete das Jahr 1979 nicht gerade zufriedenstellend für Walt Disney Productions, vor allem, weil auch die weniger riskanten Projekte floppten und man somit keine Ansätze fand, mit denen man einen Weg aus der Misere finden könnte. „Klassische“ Disney-Filme fanden so gut wie keinen Anklang, und das neue Projekt der aufwändigen Blockbuster für Jugendliche verlief auch nicht wie geplant.
Dennoch entschied man sich in der Konzernleitung dazu, die begonnenen, experimentelleren Projekte zu Ende zu produzieren und weitere solche Projekte in die Produktion gehen zu lassen. Man hoffte, dass sie, wenn sie weniger hoch budgetiert werden, mehr Gewinn machen können. Von „klassischeren“ Filmen dagegen nahm man in der Planung für die Zukunft größeren Abstand. Mit Blick auf die damaligen Einspielergebnisse wird diese Entscheidung sehr verständlich:
Die Rückkehr der Semmelknödelbande spielte nur einen kleinen Teil der Einnahmen seines Vorgängers ein und wurde stark kritisiert, da nur wenige der Darsteller des Originals zurückkehrten und auch König Artus und der Astronaut blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Größte Enttäuschung für Disney war wohl der erste Versuch, die Vertriebsrechte eines bereits produzierten Films aufzukaufen und ins Kino zu bringen: Die PG-Rating-Geschichte über High School Wrestling wurde ohne jede Verwendung des Disney-Namens ins Kino gebracht und ging schnell unter. So entschied man sich in der Konzernleitung gegen den Vertrieb weiteres fremden Materials – erst in den Neunzigerjahren begann man wieder damit, Filme anderer Studios in die Kinos zu bringen (eine Ausnahme sollte 1983 erfolgen).
Insgesamt verdiente Disney 1979 40,3 Millionen Dollar durch seine Filmbranche – was 4 % der Gesamteinahmen Hollywoods in diesem Jahr entspricht und sogar ohne Berücksichtigung der Inflation das schlechteste Ergebnis seit 10 Jahren darstellt.
Zu allem Übel machte Disney zudem noch im September 1979 schlechte Schlagzeilen: Don Bluth und einige befreundete Kollegen kündigten bei Walt Disney Feature Animation und eröffneten ein eigenes Studio. Über diesen Schritt wurde nicht nur branchenintern berichtet – Bluths verbitterte Meinung über Disney wurde stattdessen publik. Seit mehreren Jahren hoffte die neue Zeichnergeneration darauf, einen experimentelleren, weniger formelhaften und viel epischeren Zeichentrickfilm machen zu dürfen. Doch immer wieder wurde ihnen ein klassischerer Stoff auferlegt. Bluth, der sich sehr für den Film Taran und der Zauberkessel einsetzte, wollte nicht mehr länger warten und beschwerte sich über die Entscheidungen des Konzerns. Als man ihm kein Gehör verlieh, ging er schließlich.
Doch das für die Walt Disney Studios wohl größte Ärgernis 1979 war rückblickend Card Walkers Entscheidung, Steven Spielberg das Angebot abzuschlagen, Jäger des verlorenen Schatzes zu produzieren. Spielberg und George Lucas boten der Disney Productions dieses Projekt an, verlangten jedoch als Gage einen Anteil an den Einnahmen aus dem Film. Walker, der sich weiterhin nach den Entscheidungen richtete, die Walt Disney mehr als zehn Jahre zuvor geschlossen hatte, verzichtete deshalb auf die Zusammenarbeit – Disney hat auch niemals Prozente an den Einnahmen als Gage vergeben, so Walkers Begründung. So gingen Lucas und Spielberg mit ihrer Idee zu Paramount Pictures und produzierten somit einen riesigen Erfolg. Weltweit spielte das erste filmische Abenteuer von Indiana Jones 245 Millionen Dollar ein – ungefähr das sechsfache von den Einnahmen aller Disneyfilme aus dem Jahr 1979.
1980: Wahnsinnsjagd um Mitternacht, Koproduktionen und gescheiterte Maßnahmen um ein jugendliches Publikum zu erreichen[Bearbeiten]
Auch 1980 stand die Walt Disney Company, damals noch Walt Disney Productions, unter keinem Glücksstern. Die zahlreichen Versuche, das Publikum wieder verstärkt anzusprechen scheiterten ausnahmslos. Eines der größeren Ärgernisse war zum Beispiel eine erneute Abfuhr, die man Steven Spielberg erteilte. Genau wie bei Jäger des verlorenen Schatzes sollte sich später herausstellen, dass man sich dabei ein großes Geschäft durch die Lappen gehen ließ: Spielberg bot Card Walker an, dass er für die Disney-Studios einen Film drehen möchte, der auch typischer für das Studio ist als Indiana Jones: E.T.
Walker begutachtete das Projekt Spielbergs und lehnte es schließlich ab. Daraufhin bot Spielberg den Film den Universal Studios an, die ihn auch produzierten und 1982 in die Kinos brachten. E.T. wurde zum bis dahin erfolgreichsten Film aller Zeiten mit 434.974.579 Dollar US-Einspiel und einem gesamten Einspiel von 704,8 Millionen Dollar weltweit. Nachdem der Film zu solch einem Erfolg wurde, äußerte sich Card Walker gegenüber Ron Miller, dass er den Film schon liebend gerne gemacht hätte, die Dialogzeile „Du Pimmelzwerg“ aber nicht hätte sein sollen.
Einen weiteren Rückschlag erfuhr Ron Miller, als er vergeblich versuchte, ein neues Filmstudio aufzubauen. Diesen Wunsch hatte Miller schon länger, da er sich nur so Erfolg in der Zurückeroberung der wichtigen Zielgruppen (junge Erwachsene und Jugendliche) versprach. Um Card Walker vor Augen führen zu können, wie entscheidend ein zweites Filmstudio für die Zukunft des Disney-Konzerns wäre, gab Ron Miller bei dem Meinungsforschungsinstitut Yankelovich, Skelly & White eine Umfrage in Auftrag. Aus dieser Umfrage ergab sich, dass man den Namen Disney nur noch mit Kinderfilmen und -produkten in Verbindung brachte. Eine der deutlichsten Aussagen, die Miller für seine Argumentation benutzte, stammte von einem Jugendlichen aus Chicago, der meinte, dass er „nicht ums Verrecken“ in einen Disney-Film ginge, er sich aber bereits auf die Zeit freut, „in der er mit seinen Kindern in einen gehen könne.“.
Unter Zuhilfenahme dieser Umfrage versuchte Miller die Leitung der Filmabteilung davon zu überzeugen, dass ein Studio ohne den Namen Disney von Nöten sei, um wieder alle Zielgruppen ansprechen zu können. 1980 versuchte Miller unter Einschaltung des Investmentbankers von Disney, Morgan Stanley, ein anderes Hollywoodstudio aufkaufen. Millers erklärtes Ziel war 20th Century Fox, welches aufgrund zahlreicher Flops in der Vergangenheit zum Verkauf stand. Da es vor kurzem mit dem zweiten Star-Wars-Film wieder einen Erfolg landen konnte, gewann es für die potentiellen Käufer, darunter auch Miller, wieder an Attraktivität. Jedoch entschied sich Card Walker gegen diesen Schritt, da ihm der Preis von 650 Millionen Dollar als wesentlich zu hoch erschien. Im Jahr danach erwarb der Ölmagnat Marvin Davis Fox für 722 Millionen Dollar.
Um der finanziellen Lage Herr zu werden und über andere Wege wieder Verdienstmöglichkeiten zu finden, ließ sich Walt Disney Productions nun auf Koproduktionen ein, die weniger Risiken versprachen als allein durchgeführte Experimente. Deshalb begeisterte man sich schnell für Michael Eisners Vorschlag, den Vertrieb außerhalb der USA und die Hälfte der Kosten an zwei Filmen seines damaligen Studios, Paramount Pictures, zu übernehmen. Bei diesen Filmen handelte es sich um Popeye und Der Drachentöter. Da diese Filme von Paramount Pictures als Filme für ein familiäres Publikum geplant waren, aber in der Produktion zahlreiche Probleme und Kostenexplosionen durchmachten, dachte man bei Paramount, dass es besser wäre, wenn man das Risiko mindert und einen Partner sucht – vorzugsweise Disney, da der Name vor allem in Europa noch große Wirkung und Anziehungskraft gegenüber den Familien hatte.
Während Disney auf Popeye keinen kreativen Einfluss hatte – der Film kam nur kurz zur Postproduktion in die Disneystudios und dann schon in die Kinos – hatte man auf Der Drachentöter, George Lucas' düsteres Fantasyspektakel, mehr Einfluss. Nach Kinostart 1981 erwies sich jedoch auch dieses Projekt als Fehlgriff, weshalb man sich gegen weitere Koproduktionen entschied. Um trotz der schlechten Erfahrungen der vergangenen Jahre für die Zukunft gerüstet zu sein, wechselte man an der Spitze des Konzerns die Führung: Ron Miller wurde zum Präsidenten gewählt, während Card Walker zur Position des Aufsichtsratvorsitzenden wechselte. Um die Filmproduktion zu modernisieren, beförderte man außerdem Tom Wilhite, den 27-jährigen Kopf von Disneys Publicityabteilung, zum Vorsitzenden der Filmbranche und zum Vizepräsidenten der kreativen Abteilung für das Entwickeln und Fördern neuer Filme und Fernsehprojekte.
Dieser nahm sich seiner Aufgabe sofort an und brachte ambitionierte, eigenwillige und (für Disney) neuartige Projekte ins Rollen. Dazu suchte er in der gesamten Filmindustrie nach neuen Filmen, Konzepten, Ideen und Skripten. Sein erklärtes Ziel war es, einen wahren, ehrlich gemeinten Wechsel in den Disney-Studios auszulösen und nicht etwa einen oberflächlichen (was man von Disneys bisherigen Projekten dachte). Außerdem konnte er den Konzern davon überzeugen, dass es nicht nur legitim, sondern sogar nötig ist, Künstlern prozentuale Anteile am Gewinn eines Films abzugeben, wenn man neue Talente und berühmte Stars engagieren möchte. Zudem förderte er die Idee, dass auch aus den eigenen Reigen frische und ungewöhnliche Ideen kommen können. So brachte Wilhite Filme wie Vincent, Return to OZ und Tron ins Rollen.
Währenddessen versuchte Ron Miller weiterhin mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, auf Erfolgskurs zu gelangen. Eines der ersten Resultate war Wahnsinnsjagd um Mitternacht, ein Film, der gegen Ende der Produktion von Das schwarze Loch in Auftrag gegeben wurde. Das Drehbuch für diese Komödie stammte von den noch unerfahrenen Partnern David Wechter und Michael Nankin, die zuvor lediglich einen kurzen Independentfilm gemacht hatten. Das Ergebnis war weniger ambitioniert, aber fast so ausschlaggebend wie Das schwarze Loch: Die freche Teenagerkomödie spielt in der Studentenszene und sollte das Publikum von Animal House ansprechen. Doch dessen Publikum fand Disneys zweiten PG-Film zu harmlos und zahm, während Disneys übliches Publikum gar nicht erreicht werden sollte – Miller ließ kurz vor Kinostart alle Anzeichen darauf, dass der Film von Disney ist, aus dem Vorspann nehmen. So hoffte er, dass es keine Kritik hagelt, dass ein solcher Film von Disney stamme und zugleich sollte so verhindert werden, dass das anvisierte Publikum vom Disneylabel abgeschreckt wird.
Doch trotz aller Hoffnungen und Bemühungen scheiterte auch Wahnsinnsjagd um Mitternacht an den Kinokassen und spielte insgesamt keine 3 Millionen Dollar ein. So endete auch 1980 ohne große Erfolge für das Disney-Studio. Jedoch entschied man sich mit Gewissheit, am bisherigen Kurs festzuhalten. Eine Rückkehr zu den alten Formeln erschien mehr als nur erfolglos. Die Filme The Last Flight of Noah's Ark und Herbie dreht durch, die noch als letzte nicht-experimentelle Filme in Produktion gingen und in diesem Jahr in die Kinos kamen, waren zwar erfolgreicher als Wahnsinnsjagd (Noah spielte 11 Millionen ein, Herbie 18 Millionen), doch für das Image wahren sie nicht sehr förderlich. Der letzte Herbiefilm wurde stark belächelt und schreckte auch potentielle Schauspieler und Drehbuchautoren von Disney ab. Da der neue Herbiefilm auch nur knapp ein Drittel der Einnahmen des ersten Teils in die Kassen spülte, war klar, dass man nach neuen Ideen suchen müsste.
Besonders große Hoffnungen setzte man auf Schreie der Verlorenen, einen düsteren und spannenden Gruselthriller, der seit 1979 in der Vorbereitung war. Noch 1980 gönnte man dem Film einige Testvorführungen und hoffte, dass er 1981 beim endgültigen Kinostart zum Erfolg würde.
1981: Schreie der Verlorenen und Cap und Capper: Inkonsequente Entscheidungen und die Frage: „Wie weit sollen die Veränderungen im Studio gehen?“[Bearbeiten]
Disneys erster Film, der 1981 veröffentlicht wurde, war Zum Teufel mit Max, eine Komödie vom Autor eines der letzten Disney-Hits: Ein total verrückter Freitag aus dem Jahr 1977. In dieser Komödie spielt Bill Cosby den Teufel, der einen Makler dazu verpflichtet, drei Seelen für ihn zu sammeln. Während der Film aus der heutigen Sicht nicht sonderlich frech oder wild erscheint, war er damals für Disney ein revolutionärer und vollkommen ungewohnter Film. Dies liegt zum einen an der Darstellung des Teufels (und somit des personifizierten Bösen) und mehreren Schimpfwörtern, etwas, das Disney bislang in den Filmen vermied. Jedoch sah bereits das damalige Publikum den Film nicht als besonders frech oder revolutionär an, sondern kritisierte die Regieführung des Kinoneulings Steven Hilliard Stern und wunderte sich darüber, dass der liebenswürdige Cosby als Teufel gecastet wurde.
Auf einem etwas anderen Weg versuchte Disney seine Rückkehr auf einen größeren Kinomarkt mit Amy – Die Stunde der Wahrheit. Dieses Drama kehrte einerseits zu den Spuren der gefühlvollen Disney-Dramen wie Alle lieben Pollyanna zurück und war andererseits vom Handlungsverlauf her weniger friedlich und fröhlich, sondern dramatischer und realistischer. Man hoffte, dass ein intelligenter und zugleich emotionaler Film den Erwachsenenmarkt zurückerobern konnte, doch erneut schlug der Versuch fehl.
Auch der direkte Versuch, vor allem Jugendliche zurückzugewinnen, scheiterte erneut: Condorman, eine Superhelden- und James-Bond-Parodie, die zugleich Disneys ersten großen Actionfilm darstellte, ging trotz zahlreicher Explosionen und Stunts am Jugendlichenpublikum vorbei und erlitt das Schicksal, als Disneyfilm sofort mit Kinderfilmen assoziiert zu werden. Aus einem ähnlichen Grund musste Disney viel Kritik über den Film Der Drachentöter hinnehmen: Da in Werbetrailern und Pressematerial sowie auf Postern mit dem Disney-Namen geworben wurde, nahmen viele Eltern an, dass der Film auch ein typischer Disneyfilm sei und nahmen ihre Kinder mit in den düsteren Film. Aufgrund dieser für Disney untypischen Natur des Films gab es viele Proteste – und Ron Miller sah sich erneut darin bestätigt, dass ein zweites Filmstudio ohne den Namen Disney gegründet werden muss. Zugleich verabschiedete man sich vorerst vom Projekt der Koproduktionen: Der Drachentöter nahm in den USA 6 Millionen, weltweit 14.110.013 Dollar, ein und blieb somit weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem mussten sich Disney und Paramount Pictures die Einnahmen teilen, was bei dieser geringen Summe für keines der beiden Studios zufriedenstellend war.
Der entscheidendste Disney-Film des Jahres 1981 war aber Schreie der Verlorenen, ein ambitioniertes Projekt mit Kultstar Bette Davis, das Ron Miller Ende der Siebziger trotz des Widerstands der konservativen Leitung um Card Walker in Angriff nahm. Allerdings empfand die Konzernleitung die Geschichte als zu hart, gruselig und bedrohlich, weshalb das Drehbuch bis zum Juli 1979 mehrfach umgeschrieben wurde, bevor der Dreh beginnen konnte. Von diesem Moment an war es Ron Miller, der Angst bekam, dass der Film zu finster werden könnte. In seiner Rolle als Vorsitzender der Filmabteilung Disneys und Produzent von Schreie der Verlorenen griff er immer wieder in die Dreharbeiten ein und gab Regisseur John Hough Anweisungen, die den Film familienfreundlicher machen sollten. Der ebenfalls anwesende Tom Leech (Initiator des Projekts) erhoffte sich vom Film jedoch ein Ergebnis, dass an Der Exorzist heranreichen könnte und stritt sich deshalb immer öfter und hitziger mit Miller.
Schließlich wurde der Film 1980 für einige öffentliche Previews freigegeben – in der Hoffnung, ihn nach diesen Tests pünktlich zu Bette Davis' 50. Bühnenjubiläum in die Kinos zu bringen. Da der Film bis dahin jedoch nicht hätte fertig gedreht werden können, wenn man das ursprünglich geplante, aufwändige Ende gedreht hätte, entschied man sich für eine einfache, unkomplizierte und zudem unspektakuläre, dafür aber familienfreundliche Alternative. Das Testpublikum war enttäuscht und man sah sich gezwungen, das Ende neu zu drehen. Diese Neudrehs fanden erst statt, nachdem Miller Präsident des Konzerns wurde – weshalb er weniger von seinen konservativeren Kollegen aus dem Aufsichtsrat zu befürchten hatte. Dennoch ließ er nur ein weiteres kostengünstiges und bei weitem nicht so bedrückendes Ende drehen. Ob er dies aus Angst tat, dass ansonsten der Markenname Disney leiden würde, oder ob er weiterhin aus Ehrfurcht vor dem Aufsichtsrat gehandelt hatte, ist unklar. Jedenfalls manövrierte er so das einst ehrgeizige Projekt an den Rande des Misserfolgs.
Die 1981 in die Kinos gebrachte, endgültige Fassung von Schreie der Verlorenen wurde vor allem aufgrund ihres plötzlichen und aufgesetzten Endes kritisiert und spielte in den USA 5 Millionen Dollar ein. Ron Miller wurde dafür kritisiert, dass er inkonsequent handelte. Wenn er tatsächlich neue Zielgruppen ansprechen und neue Genres austesten möchte, so solle er es auch komplett durchziehen und nicht die Notbremse ziehen, um niemanden zu schockieren oder aufzuregen.
Ähnliches musste er sich aufgrund seiner Entscheidungen betreffend der Zeichentrickabteilung anhören: Cap und Capper, das neue Meisterwerk von 1981, wurde kritisiert, weil es zu formelhaft sei und zu sehr versuche, es allen Recht zu machen. Zudem standen die Animatoren und Autoren von Disneys Trickabteilung nicht hinter diesem Projekt – sie wollten viel lieber ihr Wunschprojekt Taran und der Zauberkessel verwirklichen, wurden aber von Miller abgewiesen, da es ihm lieber wäre, wenn sie vorher „klassisches“ Material verfilmen, bevor sie Experimente angehen. Als ihnen jedoch Cap und Capper vorgegeben wurde, konnten sie sich zunächst noch damit abfinden, da es ein sehr intelligenter, bedeutungsvoller Film werden sollte. Doch dann entschieden sich Ron Miller und andere Kollegen dafür, den Film umzugestalten. „Sie klaubten alles Bedeutungsvolle aus Cap und Capper. Es wurde eine süße Geschichte anstelle einer bedeutungsvollen.“, beschwerte sich Don Bluth, der 1979 enttäuscht und erbost die Disney-Studios verließ, in einem Interview.
So endete 1981 mit dem Eindruck, dass auch Ron Miller die Veränderungen in den Walt Disney Studios nicht wirklich vorantreiben möchte. Doch mit erwartungsvollem Blick auf Tom Wilhites erste Projekte, die 1982 in die Kinos kommen würden, und weiteren Plänen für unorthodoxe Filmstoffe hoffte man in den Disneystudios auf einen Umschwung im nächsten Jahr.
1982: Tron und Tex: Wilhites große Hoffnungsträger und Millers neue Argumente für ein erwachsenenorientiertes Filmlabel[Bearbeiten]
1982 brachte zwei neue Kurzfilme aus Disneys Trickwerkstatt in die Kinos. Der Unterschied zu früheren Cartoons und den Filmen Vincent und Fun with Mr. Future ist, dass diese von Tom Wilhite genehmigt und gefördert wurden. Er hoffte, dass es der Kreativität der Künstler im Studio zu gute käme, wenn sie experimentelle Filme machen dürfen und dabei vom Studio unterstützt würden. Tim Burton und Rick Heinrich entschieden sich dazu, mit Vincent einen schwarz-weißen, makabren Stop-Motion Film zu drehen, Jahre später kehrte Burton zu Disney zurück und drehte den nicht unähnlichen Nightmare Before Christmas, während Daryl Van Critters' Fun with Mr. Future eine skurrile Komödie gestaltete. Beide Filme erreichten zwar nur ein kleines Publikum, doch sie wurden hoch gelobt und brachten somit etwas der verlorenen Ehre zurück in die Disney-Studios.
Im Bereich der Spielfilme wurden ebenfalls die ersten größeren Filme der Wilhite/Miller-Ära fertig gestellt. Das wohl größte Experiment mit den zugleich auch größten Hoffnungen, die auf dessen Schultern lasteten war der Sommerfilm von Walt Disney Productions: Tron. Mit diesem innovativen Film, der sehr auf die damals neuartige Computertechnologie sowie auf die mittlerweile nicht mehr genutzte Backlit Animation setzte, wollte Disney der Öffentlichkeit zeigen, dass man wieder auf Kreativität, Innovation und visionäre Ideen setzt. Und aufgrund des aktuellen Themas, nämlich Computertechnologie, sowie der aktuellen Techniken, ebenfalls Computertechnologie, erwartete man einen großen Blockbuster.
Der Weg bis zur endgültigen Veröffentlichung von Tron war allerdings kein leichter. Die Autoren Steven Lisberger und Bonnie MacBird zögerten zum Beispiel lange, bis sie ihr Konzept Disney vorstellten. Kurioserweise zögerten sie allerdings nicht, weil sie dachten, dass der Film zu untypisch für Disney sei und eine andere Zielgruppe anspräche als sonstige Disneyfilme (so dachten viele Autoren, weshalb Disney zu dieser Zeit nur wenige Angebote bekam), sondern weil sie dachten, dass Disney den Film nicht annimmt, weil er zu typisch für sie sei, weshalb sie ihn nicht nehmen würden. Schließlich gingen sie doch noch zu Disney und wurden von Tom Wilhite sowie Ron Miller mit offenen Armen empfangen – das Konzept versprach einen visionären Film für die jugendliche Zielgruppe und stellte somit genau die Art von Film dar, nach der man verzweifelt suchte.
Für die Animation des Films musste man jedoch auf drei fremde Effektstudios zurückgreifen, da sich viele Animatoren aus den Disney-Studios weigerten, an dem Film mitzuarbeiten. Sie befürchteten, dass sie damit die Computeranimation fördern könnten und alsbald von dieser verdrängt werden. Einer der wenigen Animatoren aus Disneys Zeichentrickabteilung, die sich von Tron nicht bedroht sah und an ihm mitwirkte, war John Lasseter. Wie sich später herausstellen sollte, war Tron somit einer der einflussreichsten Filme in der Geschichte des Animationsfilms – Lasseter begeisterte sich zunehmend für Computeranimation, verließ die Disney-Studios und wechselte zu Pixar, dem Studio, dass den ersten abendfüllenden Computeranimationsfilm kreierte.
Das alles konnte man damals natürlich nicht voraussehen. Stattdessen rechnete man mit einem Erfolg, der sowohl von den Kritiken als auch den Einnahmen her an Star Wars heranreichen sollte. Einfluss auf diese Einstellung hatte unter anderem die derzeitige Atmosphäre in den Disney Studios. Tom Wilhite förderte die Kreativität seiner Mitarbeiter und involvierte sich selbst in die Produktion von Tron, die ambitionierten und engagierten Autoren und Designer des Films wurden in ihrer Vision bestätigt und unterstützt und von seitens Ron Millers musste man keine Einschränkungen befürchten. Nach den vergangenen Experimenten wie Schreie der Verlorenen entschloss er sich dazu, im Gegensatz zu dem Aufsichtsrat, dass sich Disneys Spielfilmproduktion völlig verändern muss und dazu stehen sollte. Inkonsequente oder halbherzige Veränderungen sollte es nicht geben – Wilhites Kurs wurde von Miller bestärkt.
Zusätzliche Hoffnung und Verstärkung der hohen Erwartungen fand man im Timing der Produktion. Tron war der erste Disneyfilm seit langem, der einen cineastischen Trend starten sollte und sich einem popkulturellen Phänomen bediente, das nicht gerade verlischt, sondern in der Boomphase steckt. Tron sollte pünktlich zu den Sommerferien in die Kinos kommen, in denen sich zahlreiche Jugendliche in Arcadehallen begeben um stundenlang Videospiele zu spielen. Auch das Programmieren wurde in der Zeit der Produktion immer populärer, so dass sich einige Zuschauer nicht nur mit dem Videogamer Flynn im Film, sondern auch mit dem Programmierer Flynn identifizieren konnten.
Aufgrund dieser Erwartungshaltung sah man den Filmauch als einen der wenigen Disneyfilme der vergangenen Jahre auch als geeignetes Material für Merchandising an – neben Kostümen und Actionspielzeugen gab man auch ein Arcadegame in Auftrag. Als Tron schließlich in die Kinos kam, nahm man die Einspielergebnisse mit gemischten Gefühlen auf. Der Film spielte in den USA innerhalb recht kurzer Zeit mehr als das dreifache seines Budgets ein und machte auch außerhalb der Staaten Profit, doch er blieb weit hinter den konzerninternen Erwartungen zurück. Zudem genügte dieser erste größere Erfolg der Disneystudios seit mehreren Jahren nicht, um die Studios oder gar den gesamten Konzern aus seiner finanziellen Krise zu holen. Natürlich betrieb man auch Nachforschungen darüber, weshalb Tron hinter den Erwartungen zurückblieb – einer der genannten Gründe war, dass viele vom Markennamen Disney zurückschreckten. Erneut sah sich Miller darin bestätigt, dass ein Label für Erwachsenen her muss, das nicht den Namen Disney beinhaltet. Dieses Mal konnte Ron Miller den Aufsichtsrat unter der Führung Card Walkers überzeugen.
Auf den zwei weiteren Spielfilmen des Jahres 1982 lasteten weitaus geringere Erwartungen als auf Tron. Man rechnete nicht damit, dass die zwei Dramen Tex und Mit dem Wind nach Westen Blockbusterstatus erlangen könnten. Aber man wollte mit diesen Filmen beweisen, dass man bei Disney wirklich versucht, moderner und anders zu werden. Die Filme sollten das Studio erwachsener und reifer machen und die Kritiker sowie das anspruchsvolle Publikum zurückgewinnen.
Besonders stolz war Wilhite auf Tex, den er persönlich auch besser als Tron fand. Tex war die erste Verfilmung eines Buchs der damals populären Autorin S. E. Hilton. Und tatsächlich konnte Tex einige Kritiker begeistern und auch so manche Lobeshymnen ernten, mehr als man es einige Jahre zuvor noch von einem Disneyfilm erwartet hätte. So wurde Tex zum ersten Film der Disney Studios, der zum prestigeträchtigen New York Film Festival zugelassen wurde. Außerdem bekam der Film eine „Golden-Globe“-Nominierung. Zudem wurde die fünf Millionen Dollar teure Produktion berühmt-berüchtigt als bis dahin am meisten mit Integrität aufgewerteten Disneyfilm und als der erste Disneyfilm, in dem die Themen Sex und Drogen aufgegriffen werden. Dennoch war es schwer, einen Markt für Tex zu finden und ihn ans Publikum zu bringen, so dass der Film in den USA nur knapp über 7 Millionen Dollar einspielte. Allerdings hatten in den Folgejahren auch andere Studios Probleme damit, Verfilmungen von Hiltons Romanen richtig zu platzieren.
Mehr Erfolg an der Kinokasse hatte Mit dem Wind nach Westen, ein Drama, basierend auf einer wahren Geschichte. Der Film über eine ostdeutsche Familie, die in einem Heißluftballon nach Westdeutschland flieht, spielte über 8 Millionen Dollar allein in den USA ein, wobei dies nach Hollywoodstandards kein wirklich großer Erfolg ist.
Generell erkannte man das Problem, dass man bei Disney an der geringen Produktion zu leiden hatte. Filme wie Tex und Mit dem Wind nach Westen wären für andere Hollywoodstudios, die zwischen zehn und fünfzehn Filme pro Jahr ins Kino brachten, alles andere als ein Ärgernis gewesen. Sie hätten Kritikerlob eingesammelt und dem Image geholfen. Aber bei Disney, wo alles von drei bis vier Filmen im Jahr abhing, waren große Erfolge viel nötiger, der Druck auf jedem Film höher und die Wirkung jedes Rückschlags lähmender.
1983: Das Böse kommt auf leisen Sohlen, Wenn die Wölfe heulen: Weitere ungewöhnliche Filme, Gleise legen für Touchstone Pictures und Card Walkers Abschied[Bearbeiten]
1983 stand Walt Disney Productions vor einem Wendepunkt. In diesem Jahr startete der Disney Channel, es standen einige entscheidende Filme in den Startlöchern und an der Konzernspitze sollte sich einiges ändern. Außerdem konkretisierten sich die Pläne für das neue „Touchstone-Pictures“-Studio. Außerhalb der Filmbranche brachte man zudem neues Leben in das Geschäft mit den Themenparks, indem man Tokyo Disneyland eröffnete. Doch anstatt das Jahr der großen Wende zu werden, sollte sich später herausstellen, dass man 1983 nur noch tiefer in die Krisensituation versank.
Der erste Film des Jahres war Trenchcoat, eine actionreiche Krimikomödie über eine Kriminalautorin, die sich in ihrem Urlaub plötzlich mitten in einen Mordfall verwickelt wieder findet. Aufgrund der im Film angeschnittenen Themen (Mord, Lügen, Betrug, Transvestie, Sex, nur um einige zu nennen) wurde der Film von vielen Seiten sehr heftig kritisiert. Diese Art von Film dürfe einfach nicht unter dem Disney Label veröffentlicht werden, so hieß es. Dies war die endgültige Initialzündung, die mehreren Berichten zufolge die seit Tron erfolgreich laufenden und ernst gemeinten Pläne für ein neues Studio konkretisieren ließ. Der Film selbst blieb erfolglos: Mit gerade Mal 4,3 Millionen Dollar Einspiel blieb Trenchcoat weit hinter vergleichbaren Filmen anderer Studios und markierte einen weiteren Flop in Disneys jüngerer Geschichte voller Misserfolge, die nur kurz von Tron unterbrochen wurde.
Voller Hoffnung stützte man sich nun auf Das Böse kommt auf leisen Sohlen, basierend auf Ray Bradburys gleichnamigen Roman. Nach Schreie der Verlorenen sollte dieser konsequenter umgesetzte Gruselfilm die Kritiker begeistern, viel Geld einspielen und Disneys Image bei älteren Zuschauergruppen wieder herstellen, all das, was Schreie der Verlorenen nicht gelang. Doch erneut sollte es nicht gelingen. Der Film ging am Großteil des Publikums unbemerkt vorbei und spielte lediglich 8,4 Millionen Dollar ein, und dies bei einem Budget von 19 Millionen Dollar.
Die Reaktionen derer, die den Film gesehen haben, waren allerdings recht zufriedenstellend. Sowohl Regie und Darstellung als auch Skript wurden gelobt. Dennoch kam auch dieser Film aus Disneys zweitem Dark Age nicht vollkommen ungeschoren an den Kritikern vorbei – manche wünschten sich, dass Disney Stephen Kings Adaption verfilmt hätte, die er ihnen angeboten hat. Und sowohl Ray Bradbury als auch manche Kritiker erbosten sich an den zahlreichen Computereffekten, für die man sich erst in der Postproduktion entschied und sie alsbald auch einfügte. Sie seien nicht gemäß der eigentlichen Intention des Autors und man erkenne, dass man sie aus Übereifer eingefügt habe, um so mehr Zuschauer anzulocken.
Dieser weitere finanzielle Rückschlag war eine weitere Enttäuschung für Walt Disney Productions, aber auch eine kreative Entmutigung. Nach einigen schlechten Previews gab man Bradbury genug Zeit zur Verfügung, um das Drehbuch umzuschreiben und gestattete freiwillig Neudrehs (die man damals bei Schreie der Verlorenen nur halbherzig und gedrungenerweise in Auftrag gab). Nach dem 5 Millionen Dollar teuren Neudreh waren die Zuschauerreaktionen zufriedenstellend, so dass man den Film offiziell in die Kinos entließ.
Bereits einen Monat nach der Veröffentlichung von Das Böse kommt auf leisen Sohlen begann die Umstrukturierung des Konzerns: Aufgrund des nachlassenden Vertrauens in ihn, kündigte Card Walker bereits im Februar 1983 seinen Rücktritt vom Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden an, jedoch wollte er noch bis zur Eröffnung von Tokyo Disneyland im Amt bleiben. Kurz nach dessen Eröffnung hielt er sich an seinen Plan und dankte ab. Hinter den Kulissen der Filmproduktion bereitete man derweil Splash vor, den Film, der Touchstone Pictures ins Leben rufen sollte – Vorsitzender von Touchstone war zunächst Tom Wilhite. Dieser machte somit Platz für Richard Berger, den Vorsitzenden der neu gegründeten Abteilung Walt Disney Pictures, die erst zwei Jahre später ein eigenes Logo erhielt.
An solche Kleinigkeiten wie Logos dachte man damals jedoch nicht. Viel wichtiger war es, die Produktion wieder in Schwung zu bringen und für Erfolge zu sorgen. Besonders am Herzen der neuen „Walt-Disney-Pictures“-Studios lag die Produktion Wenn die Wölfe heulen. Die Studioleitung wusste, dass dieser sich schon seit langem in der Produktion befindlicher Film etwas ganz Besonderes werden würde. Und so bemühte man sich auch, um die Kinobetreiber und -ketten für sich zu gewinnen. Es gelang und man brachte den Film nach einer Testphase mit einer und später bis zu 37 Leinwänden breit in die Kinos – und nicht vereinzelt in einige ausgewählte Kinos, so wie man es von dieser Art von Film vielleicht erwartet hätte.
Die Produktion von Wenn die Wölfe heulen dauerte viele Jahre – bereits 1979 wurde der Regisseur Carroll Ballard nach dem Erfolg von Der schwarze Hengst (ein Film, bei dem die Kritiker sagten, dass Disney sowas hätte produzieren sollen) engagiert. Nachdem das Drehbuch ausgefeilt wurde, begannen die langen Dreharbeiten in der Arktis. Das Ergebnis der harten Arbeit im eisigen Norden sollte sich auszahlen: Das philosophische Drama über Mensch, Tier, Natur und Vorurteile wurde mit Kritikerlob überhäuft. Wenn die Wölfe heulen landete in den meisten der Top-Ten-Listen des Jahres, die von Kritikern aufgestellt wurden und in einigen schaffte er es sogar auf Platz eins. Zudem sprach Wenn die Wölfe heulen ein, für ein Naturdrama, sehr breit gefächertes Publikum an – von Intellektuellen zu Freunden schöner Kinematographie bis hin zu Familien. Deshalb konnte sich der Film nach einem schweren Start Ende 1983 und der holprigen Suche nach dem richtigen Publikum bis Frühjahr 1984 in den Kinos halten und zu einem soliden Erfolg werden. In den USA spielte das Drama 29,6 Millionen Dollar ein – beinahe so viel wie Tron, der einzige andere als Erfolg anzusehende Film in der jüngeren Geschichte Disneys. Die Summe war allerdings noch beeindruckender, wenn man bedenkt, welchem Genre der Film angehört – und dass sogar die Wiederaufführung von Schneewittchen und die sieben Zwerge 1983 nur knapp 300.000 Dollar mehr einspielte – die Neuaufführung von Bernard und Bianca dagegen spielte sogar mehrere Millionen weniger ein.
Natürlich war allen im Disney-Studio klar, dass Wenn die Wölfe heulen mit seinen fast 30 Millionen Dollar Einspiel nicht die finanzielle Rettung Disneys sein konnte – aber auf der kreativen Ebene hatte man endlich nach langer Zeit wieder einen Film veröffentlichen können, der von breitem Publikum angesehen und als Erfolg tituliert wurde. Der neue Markenname Walt Disney Pictures konnte mit dem Film problemlos eingeführt werden und anscheinend konnte der Großteil des Publikums akzeptieren, dass der Film anders ist als der „typische“ Disney-Film: Es gibt keine klaren Grenzen zwischen gut und böse, der Film hat keine klassische Struktur und einen alternativen Spannungsbogen und die gezeigten Bilder sind auch nicht das, was man sonst von einem Disneyfilm erwartet - zum Beispiel, als der Hauptdarsteller eine Zeit über nackt durchs Bild läuft (wobei seine Genitalien klar im Bild zu sehen sind).
Als letzter Film 1983 kam Running Brave heraus, ein zweiter, weniger ambitionierter Versuch mit dem Vertrieb fremder Produktionen ins Geschäft zu kommen – der Film scheiterte genauso wie einst Take Down.
Parallel zur weiterhin experimentellen und ungewöhnlichen Spielfilmproduktion Disneys brachte man erneut einen typischen und klassischen Disney-Trickfilm heraus: Mickys Weihnachtsgeschichte erfreute Publikum und Kritiker gleichermaßen.
Jedoch reichte dies bei weitem nicht aus, um die Finanzwelt zu beruhigen – die Aktien fielen weiter unaufhaltsam in den Keller und es machte sich Unmut über die von Ron Miller erwählten neuen Geschäftsführer breit. Tom Wilhite verließ das neue „Touchstone“-Studio, noch bevor es seinen ersten Film ins Kino bringen konnte und wurde von Miller notgedrungen ersetzt, wobei er sein Wunschpersonal nicht bekommen konnte.
Auch die weitere Produktion neuer Filme sah nicht sehr ergiebig aus – 1984 könnte möglicherweise nur ein einziger Film in die Kinos kommen. Auf diesem würde also der gesamte Druck lasten, dem vorher immerhin drei bis vier Filme ausgesetzt waren.
Weitere Probleme mit den Themenparks und ihre spätere Lösung[Bearbeiten]
Nach all den Problemen, die durch das außer Kontrolle geratene Budget und den unerwartet aufwändigen Bau von EPCOT entstanden sind, erhoffte man sich, dass durch die Eröffnung EPCOTs wieder neues Leben in die Disneyparks kommen würde. Daher litt Disney noch jahrelang an den Krediten, die man für die Unsummen von Fremdkapital aufnehmen musste, um EPCOT finanzieren zu können. Nachdem EPCOT eröffnet wurde, ging der Trend dann auch tatsächlich wieder nach oben – zumindest die Besucherzahlen in Walt Disney World stiegen 1982. Aber bereits 1983 sanken sie wieder. Aufgrund dieser Rückschläge in den USA nahm man bereits Anfang der 80er-Jahre die Wünsche aus Asien, dort ein eigenes Disneyland zu bauen mit offenen Armen an.
Doch wegen des Geldmangels und der Angst davor, noch mehr Verluste zu machen, entschied man sich dazu, einen Partner in Japan zu suchen, ihm die Lizenz zu verkaufen und den Bau des Parks zu überwachen, ohne selber zahlen zu müssen. Als 1983 Tokyo Disneyland eröffnete, stellte es sich als riesige Einnahmequelle heraus. Die Japaner strömten geradezu in den Park – erneut entging Disney die Chance seine finanziellen Probleme zu lösen.
Knapp zwei Jahre später begann eine Renaissance für den Disney-Konzern – während man in die Renovierung, Umorientierung und Modernisierung der Filmstudios viel Arbeit stecken musste, lief die Arbeit an den Themenparks relativ einfach ab. Die neue Konzernleitung ermunterte die Imagineers der Parks dazu, Walts altes Motto wieder auszuführen und die Attraktionen technologisch zu erneuern. Außerdem wurden wieder neue Attraktionen entwickelt, die ebenfalls mit der Zeit gingen und wesentlich aufregender und moderner als die alten Fahrten werden sollten. Schließlich begann man damit, für die Parks zu werben, und die Besucherzahlen stiegen wieder.
Disneys Ragnarök – Kriseneskalation gefolgt von neuer Blütezeit[Bearbeiten]
Erste erfolgreiche Schritte hin zu einem Label für Erwachsene – und somit zum Erfolg[Bearbeiten]
Nachdem das ambitionierte und aufwändige Projekt Tron bei weitem weniger Erfolg hatte, als man es zunächst bei Disney erhofft hatte und man herausfand, dass der Markenname Disney einige potentielle Zuschauer aus der anvisierten, jugendlichen Zielgruppe abgeschreckt hatte, fand Ron Millers Wunsch, ein zweites Studio zu gründen, welches auf den Disney Namen verzichten sollte, immer mehr Befürworter.
Mit dem neuen Studio erhoffte man sich, gleich mehrere Probleme gleichzeitig lösen zu können: Während man einerseits das jugendliche und erwachsene Publikum ansprechen konnte, ohne es durch die Marke „Disney“ zu verunsichern, konnte man andererseits brenzligere Filme machen, ohne dem Namen Disney zu schaden. Miller schaffte es nun endlich, Walker zu überzeugen und deshalb durfte er die Gründung des neuen Studios planen. Das neue Studio sollte unter der Leitung von Tom Wilhite stehen, der mit Tron, Tex und Wenn die Wölfe heulen reife Drehbücher entdeckte und den drei Produktionen das grüne Licht gab. Diese Filme konnten Disney zwar nicht aus der finanziellen Krise retten, doch sie wurden von Kritikern und/oder von dem Publikum gut angenommen und zeigten, dass Disney auch reifere Filme in die Kinos bringen kann.
Jedoch war sich der ehemalige Footballspieler Ron Miller aufgrund der entscheidenden Aufgabe, ein neues Studio zu Gründen in seinem Handeln nicht ganz sicher, so dass er bei seinem Kollegen Michael Eisner Rat holte. Dieser sollte nach Millers Wünschen auch die Leitung über die Filmproduktion bei Walt Disney Productions übernehmen. Dieser wünschte sich jedoch, dass er die Leitung des ganzen Konzerns übernehmen könnte – was Miller ablehnte. Allerdings gab Eisner Miller Zuspruch und Tipps. Er bestätigte ihn in seinem Plan auch Fernsehfilme für andere Zielgruppen, und nicht nur für Familien mit kleinen Kindern, zu drehen. Außerdem sprach Eisner Miller bei der Gründung des zweiten Labels Mut zu. Eisner erklärte ihm, wie er vorgehen sollte:
- „Wenn Disney im Geschäft des Familienkinos wirklich konkurrenzfähig werden will, dann müssen Sie erst einmal große Talente auf Ihre Seite bringen und diese in gleicher Höhe bezahlen, wie es die anderen Studios tun. Walt Disney konnte in kreativer Hinsicht nie ersetzt werden, und Leute wie Steven Spielberg und George Lucas sind die Walt Disneys unserer Zeit geworden. Sie haben Ihnen die Vormachtstellung genommen. Ein zweites Disney-unabhängiges Label wäre nicht nur ein Weg zur Ausweitung der Unternehmensgeschäfte, sondern würde auch die Möglichkeit bieten, mit den besten Filmemachern Kontakte zu knüpfen. Die haben selbst Kinder, und wenn Sie erst einmal mit ihnen ins Geschäft gekommen sind, werden sie auch Disney-Familienfilme für Sie machen.“
Eisner riet Miller zuletzt vehement von seinen alternativen Kandidaten ab – einige Wochen später hatte dieser sie allesamt eingestellt. Anfang 1983 wurde Touchstone Pictures zur beschlossenen Sache – nicht zuletzt die heftigen Reaktionen auf die erwachsenen Themen in Trenchcoat zeigten, wie dringend nötig die Gründung von Touchstone ist. Kurz vor Card Walkers Ausstieg aus dem Disney-Vorsitz arrangierte Miller ein Treffen zwischen sich selbst, Card Walker und Michael Eisner. Eisner hatte weiterhin Interesse daran, zu Disney zu kommen und dieses Mal stieß er auf offene Ohren, auch wenn Walker leicht misstrauisch blieb. Allerdings war es nun wahrscheinlich, dass er zu Disney kommen könnte. Doch es kam anders: Eisner spürte, dass viele Vorsitzende bei Disney noch nicht bereit für Unterstützung von außen seien, so dass Eisner das Angebot, zu Disney zu kommen, ablehnte.
Wilhite währenddessen kaufte vor Walkers Rücktritt das Drehbuch zu Splash – Jungfrau am Haken. Die Autoren dieser Komödie waren mit dem Drehbuch zu allen Hollywood-Studios gegangen und bekamen eine Abweisung nach der anderen. Als letzte Option ging man zu Disney, auch wenn man dies nur widerwillig tat. Man erhoffte sich keinen Erfolg – Disney hatte zu sehr an seinem Image verloren. Zudem befürchteten sie, dass Disney das Drehbuch enorm kürzen würde, um es an die „klassischeren“ Produktionen anzupassen. Zur Überraschung der Autoren wurden sie und Regisseur Ron Howard herzlich willkommen – die Verantwortlichen bei Disney waren sichtbar froh darüber, dass ihnen ein Buch angeboten wurde.
Der Aufsichtsrat, oder zumindest viele seiner Mitglieder, waren jedoch nicht sehr froh darüber, dass ein solches Projekt unter dem Namen „Disney“ laufen sollte. Nun war Ron Millers Chance gekommen – er konnte aus der Idee „Touchstone Pictures“ das reale Studio Touchstone Pictures machen. Damit zeigte man sich einverstanden. Allerdings bestanden einige Manager darauf, dass man Daryl Hannahs Haare so auf ihrem Oberkörper frappiert, dass sie ihre Brüste bedecken. Mit dieser Einschränkung konnten die Autoren von Splash allerdings leben.
Noch bevor Splash fertig gestellt werden konnte, verließ Wilhite das Disney-Studio. Sein Posten an der Spitze von Touchstone Pictures wurde von dem ehemaligen „20-Century-Fox“-Produzenten Richard Berger. Der Film mit Tom Hanks, Daryl Hannah und John Candy in den Hauptrollen wurde schließlich zum größten Erfolg in Ron Millers kurzer Amtszeit und zum größten Spielfilmerfolg Disneys seit mehr als 10 Jahren. Alleine in den USA spielte er mehr als 69 Millionen Dollar ein und wurde zum Kultobjekt.
Doch disneyintern überschattete ein ganz anderes Ereignis die guten Nachrichten: Am Starttag von Splash reichte Roy E. Disney die Rücktrittspapiere ein und trat aus dem Aufsichtsrat aus.
Feindliche Übernahmeversuche, Roy E. Disney und sein Rettungsplan[Bearbeiten]
Walt Disneys Neffe Roy Edward Disney arbeitete seit seinem 20. Lebensjahr für das Unternehmen, das sein Vater und sein Onkel aufgebaut hatten und er sollte sich als eine besonders leidenschaftliche Person im Konzern herausstellen. Doch im Laufe der Siebzigerjahre machte sich bei ihm immer größere Unzufriedenheit mit der Entwicklung des Unternehmens breit. Den Siedepunkt erreichte seine Frustration 1977, als er erkannte, dass seine Handlungsmöglichkeiten bei Walt Disney Productions zu eingeschränkt waren. So reichte er ein Rücktrittsgesuch ein, in dem er seine Entscheidung wie folgt begründete:
- „Die schöpferische Atmosphäre, für die das Unternehmen so lange berühmt zbd auf die es selber stolz war, ist meiner Meinung nach verpufft.“
Roy Disney entschied sich danach doch um, und blieb dem Konzern im Board of Directors erhalten. Doch seine Unzufriedenheit sollte noch weiter steigen. Im Laufe der Achtzigerjahren steigerte sich die Anzahl von feindlichen Übernahmeversuchen, mit denen der geschäftlich unerfahrene Ron Miller nur schwer umgehen konnte. Kurz bevor Card Walker das Unternehmen verließ stellte er Ray Watson als Chairman des Konzerns ein. Er hoffte so das Unternehmen retten zu können – während sich Ron Miller nun unbesorgt seinen Tagesgeschäften widmen konnte, sollte Watson die feindlichen Übernahmeversuche abschmettern. Jedoch verloren die Disney-Aktien weiter an Wert.
Der Wert von Roy E. Disneys Aktienkapital sank unaufhaltsam und als seine 1,1 Millionen Aktien Anfang 1984 nur noch knapp 55 Millionen Dollar wert waren, was 30 Millionen weniger als im Jahr zuvor war, entschied er sich im März 1984 endgültig das Unternehmen zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt konnte keiner ahnen, was Roy E. Disney mit dieser Entscheidung bezweckte. Die Walt Disney Productions, wie die Walt Disney Company bis 1986 hieß, stand damals tief in den roten zahlen und wurde mit einem Marktwert von 2 Milliarden Dollar weit unter ihrem eigentlichen Wert gehandelt – das große Film- und Figurenarchiv sowie die Themenparks waren begehrte Objekte, weshalb viele feindliche Übernahmeversuche gestartet wurden. Auch Roy E. Disney wusste davon und hoffte, dass er über diesen Weg mehr Macht im Disney-Konzern erlangen könnte. Wenn er die bisherige Konzernleitung weiter in Bedrängnis bringen könnte, so hoffte er, würde man ihn zurück bitten und mehr Entscheidungskraft zugestehen.
Ausgelöst wurde die bedrohliche Phase der Übernahmeversuche von Saul Steinberg, der im März 1984 fast 10 % der Aktienanteile an Disney erwarb. Er machte ein Übernahmeangebot, in dem er erklärte, er wolle die einzelnen Vermögenswerte ein- und wieder verkaufen und somit das Unternehmen zersplittern. Roy E. Disney plante zur gleichen Zeit gemeinsam mit seinem engen Freund, Rechtsanwalt und Geschäftspartner Stanley Gold, wie er die 200 Millionen Dollar Kapital, die Gold aus dem 100 Millionen Dollar schweren Erbe von Roy O. Disney gemacht hat, anlegen sollte. Der erste Schritt war es, Frank Wells zu Shamrock Holdings, Roy E. Disneys eigener Firma, zu holen.
Wells war ein erfolgreicher Hollywood Manager, machte aber 1982 eine Pause von seinem Beruf, um die höchsten Berge auf allen Erdteilen zu besteigen. Nach dieser Pause bekam er einen Anruf von Stanley Gold, in dem er ihn davon überzeugen konnte, mit ins Boot zu kommen. Dieses Trio aus Roy E. Disney, Stanley Gold und Frank Wells bildete den so genannten „Braintrust“, der es sich zur erklärten Aufgabe machte, die führenden Köpfe des Disney-Konzerns zu stellen.
Der erste Beitrag, den Frank Wells dazu leistete, war es, Michael Milken in die Pläne mit einzubringen. Der wirtschaftlich erfahrene Milken erklärte dem Braintrust, dass er die 2 Milliarden auftreiben könnte, um die Übernahmeschlacht zu beginnen. Dies hätte jedoch große Schulden verursacht, welche wiederum dazu geführt hätten, dass die Disney-Gesellschaft zum Teil verkauft werden müsste. Roy E. Disney äußerte sich Jahre später dazu wie folgt: „Das war etwas, das ich einfach nicht fertigbrachte“, weshalb er von diesem Plan Abstand nahm und stattdessen weitere 700.000 Disney Aktien erwarb, womit er nun knapp 5% des Unternehmens hielt.
Damit öffnete Roy E. Disney jedoch Tür und Tor für Steinberg – dieser trat nun an die Stelle von Gold, Disney und Wells. Er nahm das Angebot von Milkens an und erwarb weitere 6,3% der Disney Gesellschaft. Dadurch angeregt, stiegen weitere Unternehmer in das Übernahmegeschäft um Disney ein und brachten somit den Konzern immer weiter ins Trudeln.
Da die Führungsetage von Walt Disney Productions nicht darüber Bescheid wusste, wie man eine moderne Übernahmeschlacht zu schlagen hat, suchte man die Investmentbank Morgan Stanley auf und wählte sie als Berater in dieser Gelegenheit. Diese suchte daraufhin krampfhaft nach freundlichen Kaufinteressenten, darunter hauptsächlich langjährige Geschäftspartner von Disney wie Coca Cola und Kodak, aber auch befreundete Medienkollegen wie MCA, Inc.
Schließlich sprach der Aufsichtsratsvorsitzende der Walt Disney Productions, Ray Watson, die Vorsitzenden des Landerschließungsunternehmens Arvida an. Sein Plan war es, zusammen mit den Bass-Gebrüdern, den Besitern Arvidas, den Grundbesitz des Disney-Konzerns in Florida zu erschließen und ein Hotel gegenüber den Disney-Studios in Burbank zu bauen, womit die finanzielle Lage des Konzerns verbessert werden könnte.
Doch der Manager von Sid Bass, einem der Bass-Brüder und Besitzer Arvidas, schlug einen anderen Deal vor: Disney solle das Unternehmen von Bass aufkaufen und dem im Gegenzug einige Disney-Aktien anbieten. Disney würde sich bei diesem Deal so stark verschulden, dass der Konzern für viele der feindlichen Investoren wieder unattraktiv wird. Diese Idee sprach die Chefetage Disneys an und besiegelte das Geschäft. Der Chef von Arvida, Chuck Chobb erhielt daraufhin einen Sitz im Aufsichtsrat und sollte von nun an die Interessen von Sid Bass vertreten.
Somit spielte man unwissend Roy E. Disney in die Hände, der nun doch wieder die Chance hatte, seine Macht im Disney-Konzern zu verstärken. Seine Aktien wurden durch den Deal zwischen Disney Productions und Bass absichtlich so stark geschwächt, dass er mit einer Klage gegen den Disney-Konzern drohen konnte und dabei eine realistische Chance auf einen Sieg hatte. Wie von Roy E. Disney gehofft, ging der Konzern der Klage aus dem Weg und einigte sich lieber außergerichtlich mit ihm: Er erhielt zur Besänftigung seinen Platz im Aufsichtsrat und zusätzlich durfte er zwei weitere Sitze vergeben. Einen Sitz im Aufsichtsrat erhielt Roys Schwager Peter Daily, den anderen Sitz erhielt Stanley Gold.
Der Plan dieser drei war es nun, Ron Miller aus seiner Position zu vertreiben und an seiner Stelle Frank Wells zu setzen. Doch bevor man sich darum kümmern konnte, musste zunächst Ray Watson aufgehalten werden, dessen Rettungspläne nur Roy E. Disney und den ihm freundlich gesinnten Sid Bass geschwächt hätten. Der rechtzeitig gestoppte Plan Watsons hätte 15 % der Disney-Aktien dem Unternehmen gekostet und somit die Mitbestimmungsrechte von Bass und Roy E. Disney stark eingegrenzt.
Als nächsten Schritt musste man den von Roy E. Disney angefachten und mittlerweile außer Kontrolle geratenen Übernahmestreit beenden, so dass man unbesorgt mit der Umstrukturierung der Führungsetage beginnen konnte. Am 9. Juni kaufte der Disney-Konzern Steinbergs Aktien über dem Marktwert zurück und beendete somit die Angriffe dieses hartnäckigen Investors. Jedoch kamen neue Investoren mit feindlichen Absichten auf, darunter Irwin Jacobs, der 6 % der Disney-Aktien hielt.
Eine neue Führungsetage bahnt sich ihren Weg[Bearbeiten]
Im August 1984 wollte der Disney-Vorstand die Konsequenzen ziehen. Anstatt abzuwarten, bis die Übernahmeschlacht vorbei ist, bis ein neues Management auserkoren wird, wollte man nun so schnell wie möglich eine neue Führungsetage haben. Man erhoffte sich von dieser Entscheidung, dass die neuen Leiter des Konzerns besser mit der Problemsituation klar kommen und zudem durch die Änderungen an der Konzernspitze nach außen hin das Signal gegeben wird, dass sich Disney verändern und verbessern möchte.
Als erstes wurde beschlossen, dass man Ron Miller dazu bringen müsste, zurückzutreten – was dieser auch sofort tat. Dabei war allen Beteiligten klar, dass Miller nur als Sündenbock fungiert. Er war nicht allein an der Lage des Konzerns Schuld, doch als oberster Kopf des Unternehmens musste er den Konzern sozusagen symbolhaft verlassen, so dass die Öffentlichkeit den Wechsel bei Disney bemerkt und registriert.
Nun stand die Frage nach der Nachfolge Millers auf der Tagesordnung. Stanley Gold und Roy E. Disney wollten Frank Miller, doch dieser hatte andere Pläne. Er schlug Sid Bass und seinem vertrauten Assistenten Rainwater Michael Eisner als Nachfolger Millers vor, während er selber eine andere, weniger verantwortungsvolle Stellung im Disney-Konzern beziehen wollte. Doch Bass und Rainwater konnten sich im Gegensatz zu Roy Disney nicht mit diesem neuen Kandidaten abfinden, was zu zahlreichen persönlichen Gesprächen, Besuchen und Diskussionen zwischen Bass, Disney, Wells und Eisner führte, in denen jeder versuchte, seinen Standpunkt schmackhaft zu machen und durchzusetzen.
Am 22. September trat der mittlerweile dreizehnköpfige Aufsichtsrat des Disney-Konzerns um 11.07 Uhr zusammen, um endgültig darüber abzustimmen, wer die Gesellschaft in Zukunft leiten soll und aus der Krisensituation zu befreien. Bis 11.40 Uhr legte jeder seinen Standpunkt dar und stimmte für seinen Kandidaten ab. Das Duo Michael Eisner und Frank Wells wurde nun offiziell an die Spitze des Konzerns gesetzt: Eisner wurde der neue „Chairman of Board“ und „CEO“, während Frank Wells als „COO“ und Präsident fungieren sollte.
Umstrukturierung, Modernisierung und der damit zurückkehrende Erfolg[Bearbeiten]
→ Siehe auch Hauptartikel Touchstone Pictures
Während Michael Eisner die kreative Führung übernehmen sollte und die Aufgabe erhielt, die Film-, Fernseh- und Themenparkabteilungen des Konzerns zu neuen Höhen zu bringen, sollte Frank Wells die finanzielle Lage des Konzerns verbessern, indem er das Geld richtig anlegt, Übernahmeversuche abwehrt und Eisners Ideen wirtschaftlich sinnvoll ausführt – im Endeffekt beeinflussten jedoch beide ihre Arbeit gegenseitig und teilten sich die Verantwortung.
Die erste entscheidende Amtshandlung fand am 26. September statt: Eisner und Wells beschlossen, dass sie gemeinsam mit Sid Bass Irwin Jacobs, der weiterhin feindliche Übernahmeversuche startete, besuchen sollten. Als sie sich mit ihm trafen, stellten sie ihm ausführlich ihre Pläne vor und erklärten, wie sie den Walt Disney-Konzern wieder auf Vordermann bringen wollten. Sie hofften, Jacobs so dazu zubringen, in den Konzern zu investieren anstatt ihn zu übernehmen und zu splitten. Ihr Plan ging tatsächlich auf, und so konnten sie den gefährlichsten Investor aus dem Weg räumen.
In den darauf folgenden Wochen und Monaten setzten Eisner und Wells ihren Plan in die Tat um. Sie regten die Künstler bei Walt Disney Feature Animation dazu an, modernere Filme zu machen und ermutigten sie wieder, der Konzernleitung Vorschläge zu machen. Eisner führte die so genannte „Gong Show“ ein, bei der jeder Mitarbeiter potentielle Filmideen vorschlagen sollte. Aus diesen Sitzungen resultierten mehrere Erfolgsfilme, darunter auch Arielle, die Meerjungfrau.
Im Spielfilmsektor konzentrierten sich Eisner und Wells zunächst auf das neu gegründete Touchstone-Studio, indem sie verblasste Stars und junge Drehbuchautoren engagierten, um erwachsenenorientierte Komödien zu drehen. Diese stellten sich als sehr günstig und sehr erfolgreich heraus, so dass man mit dem aus diesen eingespielten Geld neue Attraktionen für die Parks und weitere Filme finanzierte. Das Dark Age fand 1985 sein Ende, als Disney erstmals Einnahmen von mehr als 2 Milliarden Dollar machte – noch im Jahr zuvor schätzten Investoren und Börsenmakler den Wert des gesamten Unternehmens auf diese Summe.
In den folgenden Jahrzehnten war die Geschichte Disneys vornehmlich von Erfolgen geprägt, sowohl im Bereich des Trickfilms als auch des Spielfilms, die schließlich in einem immer schnelleren Wachstum des Konzerns führten, bis hin zur Übernahme etlicher Labels und Unternehmen in den letzten Jahren und zur Entwicklung zum größten Unterhaltungskonzern der Welt, der die Walt Disney Company heute ist.
Die „Dark Ages“ der Disney-Trickfilmabteilung[Bearbeiten]
Es gibt unter Disneyfans und -filmexperten wohl keine kontroverser diskutiere Ära-Einteilung als die betreffend der möglichen goldenen und, vor allem, dunklen Epochen spezifisch in der Disney-Trickfilmabteilung. Die Diskussion wird vor allem dadurch weiter angeheizt, dass es im Gegensatz zu den weiter oben in diesem Artikel erwähnten Dark Ages des gesamten Konzerns bei der Trickfilmabteilung viel weniger eindeutige Definitionsansätze gibt.
Welche Epochen nun als „misslungen“ oder „dunkel“ anzusehen sind, bleibt in diesem Falle dem jeweiligen Betrachter, seiner Definition eines „Dark Ages“ und/oder seinem eigenen Geschmack überlassen.
Während einige „Ären“ von Disneys Trickfilmabteilung nur von den wenigsten oder gar niemanden angezweifelt werden (darunter die Zeit, in der Disney nur durch Cartoons zu großem Ruhm und Erfolg kam und Disneys Renaissance zu Beginn der 1990er-Jahre), werden andere Zeitabschnitte heftiger diskutiert. Obwohl, wie bereits gesagt, keine dieser Ären objektiv und somit im wissenschaftlichen Sinne als Dark Age betrachtet werden kann, soll an dieser Stelle die Kontroverse um die betroffenen Jahre kurz dargestellt werden:
So werden zum Beispiel häufig die Package Movies aus der Kriegszeit als die Ergebnisse eines Dark Ages in der Animationsgeschichte Disneys angesehen. Diese Filme sind zwar unbestreitbar Ergebnis eines Dark Age der Disney-Studios, jedoch muss man hier die Argumente für diese Titulierung differenziert betrachten. Disney war sich während der Kriegszeit nicht gewiss, ob er das Studio weiter führen kann oder möglicherweise schließen muss und hatte insgesamt gesehen wenig kreativen Einfluss, da prozentual gesehen die meisten der Filme, die produziert wurden, Auftragsarbeiten waren. Aufgrund dessen befand sich der gesamte damalige Disney-Konzern zweifelsfrei in einer sehr großen Krise.
Walt Disney Features Animation, die für die langen Trickfilme zuständige Abteilung allerdings ist nur ein Teil der Studios und konnte die Meisterwerke, die produziert wurden, weiterhin eigenhändig gestalten, womit zumindest das zweite Argument wegfällt. Auch finanziell ist es nicht gesagt, dass man vom Dark Age des gesamten Konzerns direkt auf ein Dark Age in der Trickfilmabteilung schließen kann. Der Film Saludos Amigos war erfolgreich genug, um eine Fortsetzung zu rechtfertigen (Drei Caballeros), welche schließlich noch erfolgreicher war.
Diese Erfolge reichten zwar nicht aus, um die Disney-Studios aus ihrer Gesamtlage zu befreien (die sich auch bei noch größeren Erfolgen nur sehr unwahrscheinlich mit bloßem Geld verbessert hatte, da die Kriegszeit für das Studio eine sehr große Ausnahmesituation war und viele Animatoren fehlten), aber sie reichten bei weitem aus, um Disney neben den vom Staat finanzierten Filmen auch „eigene“ Produktionen zu erlauben.
Somit sei schon mal erwiesen, dass man auch damals, als Disney fast nur aus der Abteilung für die langen Trickfilmen bestand, nicht gleich von der Lage des gesamten Konzerns auf die dieser bestimmten Abteilung schließen kann. Dennoch gibt es bei denjenigen, die sich auf WDFA konzentrieren, durchaus auch begründete, Diskussionen über diese Epoche. Vor allem Personen, die die Filme vom heutigen Zeitpunkt und der aktuellen Sichtweise her betrachten, neigen dazu sie als qualitativ schlecht zu bezeichnen. Andere Parteien verteidigen die Package Movies oft mit Kritiken und Reaktionen aus der damaligen Zeit. Drei Caballeros zum Beispiel erhielt viele herausragende Kritiken und wird auch heute von Filmhistorikern als sehr fantasievolles Werk gelobt, dem die Freude der Zeichner an ihrer Arbeit anzusehen ist. Und die Songs aus dem Film wurden zu ihrer Zeit zu Straßenfegern.
Allerdings lässt sich dies nicht auf die gesamte Ära beziehen, da Make Mine Music auch negative Kritiken erhielt, die nun respektive von Disneyexperten wie Leonard Maltin als der endgültige „Bruch zwischen Disney und den Intellektuellen“ angesehen werden. Fröhlich, Frei, Spaß dabei wiederum empfingen Kritiker damals mit offenen Armen, da Disney nun wieder heim in sein Territorium gekommen sei, wobei sie die Umstände mit berücksichtigten und sich nicht an der episodenhaften Struktur störten. Man kann also festhalten, dass sich die Ära der Package Movies nicht objektiv als Dark Age bezeichnen lässt.
Die anderen kontrovers betrachteten Epochen in Disneys Schaffen sind gegenüber der „Package-Movie“-Epoche einfacher zusammenzufassen. So gibt es Kritiker, wie etwa Reinhold Reitberger, die in den Filmen nach Dornröschen eine starke Orientierung am Publikum erkennen wollen, was in ihren Augen bestätigt, dass Filme wie 101 Dalmatiner oder Das Dschungelbuch frei von künstlerischen Aspekten seien. Auf der anderen, populäreren Seite, werden diese Filme als große Klassiker verehrt.
Die Zeichentrick-Ära nach Walt Disneys Tod wird wieder etwas hitziger besprochen. Während die Frage nach der Qualität eine Frage des Geschmacks bleibt, gibt es andere Aspekte, woran sich viele Kritiker hier ein Dark Age ausmachen. Zum einen wird erneut der künstlerische Aspekt angezweifelt, da man den Filmen dieser Zeit durchaus ansehen kann, dass sich die Studioleitung keine Experimente erlaubte und nach der Frage „Was würde Walt tun?“ orientierte. Während dies noch Raum für Spekulationen erlaubt, ist der häufig fälschlicherweise herangezogene Aspekt des finanziellen Versagens irrelevant – sowohl Robin Hood als auch Bernard und Bianca brachen damals Disney-interne Rekorde.
Manche jedoch schränken die Zeit nach Disneys Tod etwas ein und sehen nur in den Filmen ab Cap und Capper ein Dark Age (was auch mit dem Dark Age des gesamten Konzerns koinzidiert), wobei das Ende je nach Kritiker bei Basil, der große Mäusedetektiv, Oliver & Co. oder erst bei Arielle, die Meerjungfrau liegt. Während Cap und Capper und Taran und der Zauberkessel auch tatsächlich von einem Großteil, aber längst nicht einstimmig, als künstlerische und zum Teil auch als finanzielle Niederlagen bezeichnet werden, ist es allerdings höchst diskutabel, ob man einen Zeitraum von zwei Filmen auch als Ära bezeichnen kann. Die Filme Basil, der große Mäusedetektiv und Oliver & Co. werden rückblickend schnell als Flops bezeichnet, doch damals gaben sie der Konzernleitung Grund zur Hoffnung, dass Zeichentrickfilme vielleicht doch wieder erfolgreich sein können.
Heiß diskutiert wird letztlich die Zeit nach Tarzan. Auf der einen Seite sind viele Fans der klassischen, musikalischen Disney-Filme, die sich mit dem „neuen Disney“ nicht anfreunden können, auf der anderen Seite finden sich auch Anhänger der „experimentelleren“ Seite Disneys, die keiner Formel folgen möchte. Erstere ziehen zum Belegen ihrer Vermutung auch gerne den finanziellen Aspekt hinzu. Jedoch sei auch hier gesagt, dass objektiv gesehen nur Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt, Der Schatzplanet und Die Kühe sind los! als Flops gelten können. Ein Königreich für ein Lama sowie Bärenbrüder wurden zwar auch von Disney längere Zeit über als Flops angesehen, jedoch bezieht sich dies bei Ein Königreich für ein Lama nur auf die höheren Erwartungen Disneys und bei Bärenbrüder wurden diese Aussagen vor dem Erfolg außerhalb der USA getätigt. Somit sind nur drei von acht Produktionen ein finanzieller Flop an der Kinokasse, wobei vor allem der finanzielle Erfolg von Lilo & Stitch, aber auch die soliden bis sehr guten Ergebnisse der DVD-Verkäufe von Ein Königreich für ein Lama, Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt und Der Schatzplanet es in den Augen der Befürwortern dieser Epoche irrational machen, diese Zeit als „Dark Age“ zu bezeichnen.
Schließlich gibt es noch die Diskussion, ob man bei Disney-Trickfilmen überhaupt mit den selben Argumenten arbeiten kann wie bei dem gesamten Konzern, da sich mit der Zeit Pinocchio, Fantasia, Bambi und Dornröschen von großen Flops zu gefeierten Klassikern entwickelt haben.
Als Fazit all dieser Kontroversen betreffend der Dark Ages in der Trickfilmgeschichte Disneys lässt sich sagen, dass es keine objektiven Argumente für die Urteile gibt, während es subjektiv eine große Bandbreite an Meinungen und Begründungen gibt.
Quellen[Bearbeiten]
- Leonard Maltin: The Disney Films
- Michael Eisner: Disney ist jeden Tag ein Abenteuer
- Ron Grover: Die Disney Story
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