Guido Martina

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Guido Martina (* 9. Februar 1906, Carmagnola, Piemont (Italien), † 6. Mai 1991, Rom) war - abgesehen von dem obskur gebliebenen Federico Pedrocchi - nicht nur der erste, sondern neben Romano Scarpa auch der mit Abstand wichtigste Autor italienischer Disney-Comics von den 50er Jahren bis Mitte der 70er.

Biografie

Nach dem Studium der Literatur und Philosophie unterrichtete er eine Weile, um dann nach Paris zu gehen und Dokumentarfilme zu drehen. 1938 kehrte er nach Italien zurück, fing an, für Topolino Comics aus dem Amerikanischen zu übersetzen, arbeitete für den Rundfunk und gab die Humorzeitschrift "Fra' Diavolo" heraus. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte er zunächst seine Übersetzertätigkeit fort und begann dann damit, für den Verlag Mondadori selbst Geschichten zu schreiben. 1949 kreierte er die bekannteste Comic-Adaption des Westernhelden Pecos Bill. Bis 1955 schrieb er die Szenarios zur Serie, die sich in Italien großer Beliebtheit erfreute und schon wenig später nachgedruckt wurde.

Vor allem aber schrieb er von 1948 bis 1991 mehr als 1200 Disney-Comics, von "Topolino e il cobra bianco" (in Deutschland unveröffentlicht) bis "La risposta di Paperinik" (ebenfalls ohne deutsche Veröffentlichung). Der erste Zeichner, der Martinas Ideen umsetzte, war Angelo Bioletto, und gleich ihre zweite gemeinsame Arbeit, "Mickys Inferno", geriet zu einem der größten italienischen Disney-Comic-Klassiker überhaupt, der sehr viel später auch in den USA veröffentlicht wurde. In der Folge arbeitete Martina mit sämtlichen bekannten Namen der italienischen Disney-Zeichnerriege zusammen, wobei er die Karrieren vieler späterer Zeichnergrößen erst ins Rollen brachte. Es dauerte allerdings noch bis Mitte der 50er Jahre, bis er kontinuierlich Szenarios zustandebrachte, die später auch außerhalb der Grenzen Italiens die Leser erfreuten. Meilensteine waren 1955 "Donald Duck und der mysteriöse Mister Moster" und vor allem "Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms".

Während Scarpa sich als Autor bemühte, das Flair der amerikanischen Comics einzufangen, waren die Geschichten Martinas durch und durch italienischen Humor-Traditionen verpflichtet. Da konnte es dann auch schon mal recht brutal zur Sache gehen, wenn Figuren unvermittelt mit Dolch, Pistole oder Axt bewaffnet waren und aufeinander losgingen. Speziell Onkel Dagobert wurde in einigen Frühwerken so negativ dargestellt, dass Fans von SLSM sich verstört abwenden. In dem Paradebeispiel "Donald Duck und der große Sarani" etwa überlässt der junge Bertel seinen Goldgräber-Kumpan einer Horde blutrünstiger Indianer, um sich auch dessen Anteil an der gemeinsamen Ausbeute unter den Nagel reißen zu können.

Eine einflussreiche Spezialität Martinas war es, die Ducks in parodistischen Comic-Adaptionenen der Weltliteratur auftreten zu lassen. Obwohl schon "Mickys Inferno" dieser Kategorie angehört hatte, löste erst "Don Quichotte" eine von 1956 bis heute anhaltende Welle von Disney-Parodien aus, in deren Mittelpunkt zumeist die Enten standen. Bis Mitte der 80er Jahre blieb Martina selbst der Hauptvertreter dieser Comicgattung, die er zunächst mit Pier Lorenzo de Vita und später vor allem mit Giovan Battista Carpi realisierte.

Ebenfalls eine Parodie ist Phantomias, der als komische Mischung aus Batman und Zorro durchgeht. Inspiriert ist er aber vor allem durch den italienischen Comic-Helden "Diabolik" von Angela and Luciana Giussani. Die technischen Finessen von Phantomias' Auto wiederum gehen auf die James Bond-Filme zurück. Martina hatte zwar nicht die Idee zu Donalds Alter Ego, schrieb aber die besten Geschichten mit ihm, darunter die klassische Origin-Story "Die Verwandlung".

Der rare 92-seitige Vierreiher "Topolino allo Zecchino d'oro" bot 1969 einen Vorgeschmack auf die italienischen Mammut-Geschichten im Pocket-Format, die ein Jahr später mit dem 275-seitigen Story-Zyklus "Glanz und Gloria derer von Duck" von Martina eingeführt wurden. Mit "Il segreto del totem decapitato" (241 Seiten) sowie den Spätwerken "Die Ducks... vom Winde verweht" (129 Seiten), "Die Abenteuer von Marco Polo" (126 Seiten) und "Messère Ducato" (190 Seiten) ließ der Autor noch vier weitere folgen.

Neben den Phantomias-Comics schuf Martina ab Mitte der 70er Jahre noch weitere Serien, nämlich die beiden Western "Micky-Kid und Goldschuss-Goofy" ("Topolino Kid e Pippo sei-colpi") und "Es war einmal im Wilden Westen..." ("C'era una volta nel West...") sowie die kurzlebigeren Erlebnisse von "Paperin-Tarzan". Die einstmals originelle Masche, die Figuren in Story-Zyklen und speziellen Serien auftreten zu lassen, kam ab den 80er Jahren schließlich groß in Mode und hat mittlerweile leider groteske Formen angenommen. Martinas "Topolino Kid" wurde nach dessen Tod von Andrea Ferraris wieder aufgegriffen.

Comics

Alle Parodien

  • Mickys Inferno - Parodie auf Dantes "Inferno" aus "Die göttliche Komödie" (1949/50, mit Angelo Bioletto, Disney Paperback Edition 3)
  • Don Quichotte - Parodie auf "Don Quijote" von Miguel de Cervantes (1956, mit Pier Lorenzo de Vita, LTB 60)
  • Donald als Löwenbändiger - Parodie auf "Tartarin von Tarascon" von Alphonse Daudet (1957, mit Luciano Bottaro, LTB 55)
  • Der Schatz des Grafen von Monte Cristo - Parodie auf "Der Graf von Monte Christo" von Alexandre Dumas dem Älteren (1957, mit Luciano Bottaro, LTB 55)
  • Donald und die drei Musketiere - Parodie auf "Die drei Musketiere" von Alexandre Dumas dem Älteren (1957, mit Pier Lorenzo de Vita, LTB 60)
  • Baron Donald von Münchhausen - Parodie auf den Lügenbaron Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen (1958, mit Pier Lorenzo de Vita, LTB 66)
  • Paperin meschino - Parodie auf den Ritterroman "Guerrin Meschino" von Andrea da Barberino (1958, mit Pier Lorenzo de Vita)
  • Die Reistafel - Parodie auf Homers "Ilias" (1959, mit Luciano Bottaro, LTB 66)
  • Reingold - Parodie auf die Oper "Das Rheingold" aus Richard Wagners Bühnenfestspiel "Der Ring des Nibelungen" (1959, mit Pier Lorenzo de Vita, LTB 66)
  • El Cid Pampeador - Parodie auf den spanischen Nationalhelden Rodrigo Díaz de Vivar, genannt El Cid (Campeador) (1959, mit Luciano Bottaro, LTB 58)
  • Im Kielwasser der Schönen Leokadia - Parodie auf die Jules Verne-Parodie "Voyages très extraordinaires de Saturnin Farandoul dans les cinq ou six parties du monde et dans tous les pays connus et même inconnus de M. Jules Verne" des französischen Zeichners Albert Robida (1959, mit Pier Lorenzo de Vita, LTB 58)
  • Die Donaldysee wie sie wirklich war - Parodie auf Homers "Odyssee" (1961, mit Pier Lorenzo de Vita, Disney Paperback Edition 3)
  • Duck Dorado - Der Goldkönig - Parodie auf "Der König vom goldenen Wildbach" von John Ruskin (1961, mit Giovan Battista Carpi, LTB 81)
  • Donald im Spukschlößchen - Parodie auf "Kapitän Fracasse" von Théophile Gautier (1967, mit Romano Scarpa, LTB 18)
  • Aus dem Leben Traugott Taugerichs - Parodie auf "Le roman d'un jeune homme pauvre" von Octave Feuillet (1967, mit Giovan Battista Carpi, LTB 22)
  • Die Befreiung Entenhausens - Parodie auf Torquato Tassos Versepos "Das befreite Jerusalem" (1967, mit Giovan Battista Carpi, LTB 18)
  • Donaldo und die Freibeuter der Karibik - Parodie auf "Der Schwarze Korsar" von Emilio Salgari (1970, mit Luciano Bottaro, Die Fantastilliarden des Dagobert Duck)
  • Donaldo, der Löwe von Valentia - s.o. (1970, mit Luciano Bottaro, Die Fantastilliarden des Dagobert Duck)
  • Paperino e il revival dell'indipendenza - Parodie auf den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1976, mit Giovan Battista Carpi)
  • Tre paperi in barca per tacer del gatto - Parodie auf "Drei Mann in einem Boot" von Jerome K. Jerome (1976, mit Giancarlo Gatti)
  • Paperino e l'intrepido Paper-Tarzan - Parodie auf Tarzan von Edgar Rice Burroughs (1978, mit Giovan Battista Carpi, bis 1980 folgten sechs lose Fortsetzungen)
  • Drei Neffen auf Abwegen - Parodie auf ?? (1978, mit Giovan Battista Carpi, LTB 113)
  • Tulpen aus dem All - Parodie auf den Film "Krieg der Sterne" von George Lucas (1978, mit Giovan Battista Carpi, LTB 126)
  • Die tragische Geschichte von Don-Romeo und Julia - Parodie auf William Shakespeares "Romeo und Julia" (1979, mit Romano Scarpa, OD 24)
  • Der Zwillingsplanet - Parodie auf die japanische Anime-TV-Serie Grendizer (1979, mit Giovan Battista Carpi, LTB 139)
  • Carmen olé - Parodie auf die Oper "Carmen" von Georges Bizet (1979, mit Giovan Battista Carpi, LTB 88)
  • Holde Aida - Parodie auf die Oper "Aida" von Giuseppe Verdi (1979, mit Pier Lorenzo de Vita, LTB 88)
  • Die schöne Francesca - Parodie auf Dantes "Inferno", 5. Gesang (1980, mit Giovan Battista Carpi, LTB 88)
  • Ritter Donald von Bergerac - Parodie auf das Versdrama "Cyrano de Bergerac" von Edmond Rostand (1981, mit Giovan Battista Carpi, DD 206)
  • Paperino e la piccola Butterfly - Parodie auf die Oper "Madame Butterfly" von Giacomo Puccini (1981, mit Giovan Battista Carpi)
  • Die Ducks... vom Winde verweht - Parodie auf "Vom Winde verweht" von Margaret Mitchell (1982, mit Giovan Battista Carpi, LTB 117)
  • Die Abenteuer von Marco Polo - Parodie auf den Reisebericht "Il Milione/Die Wunder der Welt" von Marco Polo (1982, mit Romano Scarpa (auch als Co-Autor), LTB 119)
  • Ein Weihnachtsmärchen - Parodie auf "Eine Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens (1982, mit José Colomer Fonts, DD 284)
  • Aus dem Leben des bedeutenden Seefahrers Christoph Kolumbus alias Micky Maus - Parodie auf Christoph Kolumbus (1983, mit Giovan Battista Carpi, LTB 123)
  • Buck alias Pluto e il richiamo della foresta - Parodie auf "Ruf der Wildnis" von Jack London (1984/85, mit Romano Scarpa)


Phantomias

(Alle von Martina geschriebenen Geschichten)


Sonstige Geschichten (Auswahl)


Weblinks