Tod

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Der Tod ist im „wahren“ Leben eine Selbstverständlichkeit – kein Leben ohne Tod. Doch da Disney in der Regel kindgerechte Unterhaltung machen will, wird der Tod höchst selten thematisiert. Dies trifft besonders auf Disney-Comics zu, aber auch in Disney-Filmen kommen nur in selten Fällen Figuren zu Tode.

Tod in Comics

Es ist ganz klar, dass die wichtigsten Disney-Figuren wie Micky oder Donald und auch sonstige wiederkehrende Figuren nicht sterben dürfen: Sind sie einmal tot, kann man sie nicht wiederverwenden. Doch auch sterbende Nebenfiguren sind in Entenhausen eine Rarität – und sogar die bloße Thematisierung eines möglichen Todes ist sehr selten zu sehen. Dies folgt der allgemeinen Vorstellung von Disney, solch ein Thema sei für Kinder, an die als Hauptpublikum sich Comics ja richten, nicht geeignet – die Thematisierung von Tod ist in Disney-Comics nachgerade einem Tabu unterworfen, so wie jene der Sexualität. Dennoch fällt auf, dass bis in die 1950er und 60er-Jahre hinein in Italien und den USA mit dem Thema freier umgegangen wurde und dass erst ab dann eine steigende Zensur dafür sorgte, dass der Tod weitgehend aus den Comics verbannt wurde.

Bis in die 1960er

Die ersten Disney-Comics, die ab 1930 in den amerikanischen Zeitungen erschienen, thematisierten Tod noch recht häufig, auch wenn nie eine Figur tatsächlich sterben musste. Bereits in der allerersten Micky-Geschichte, Micky auf der geheimnisvollen Insel, ließ Walt Disney seine Maus auf Kannibalen, Löwen und ein Krokodil treffen, die alle drohten, Micky aufzufressen. Nachdem Floyd Gottfredson den Micky-Strip übernommen und daraus Abenteuergeschichten gemacht hatte, blieb das Thema omnipräsent. Die Gegner Mickys griffen öfters zur Pistole, auch Kannibalen hatten nach wie vor ihren Einsatz (Micky Maus auf der Schatzinsel). In Der große Waisenhausraub drohen aufgrund einer Finte Kater Karlos und Balduin Beutelschneiders die Entenhausener Bürger damit, Rudi Ross zu lynchen. In Die Jagd auf das Phantom ließ Gottfredson das Schwarze Phantom teuflische Fallen konstruieren, um Micky dem sicheren Tod auszusetzen. In Herr Fatzke und die Eierdiebe versucht Micky sogar mehrere Seiten lang (erfolglos) Selbstmord zu begehen, nachdem er glaubt, dass Minnie ihn verlassen hat. Diese Beispiele zeigen, dass es kaum eine Gottfredson-Geschichte gab, in der nicht irgendeine Figur ganz kurz vor dem Tod war. Allerdings starb hier nie tatsächlich eine Figur.

Die Androhung des Todes der Hauptfigur, wie sie besonders in den Gottfredson-Comics hervortritt, war die ultimative Möglichkeit, Spannung aufzubauen. Carl Barks meinte später dazu: „Die Charaktere mussten in Todesgefahr sein, um in einer Geschichte Spannung zu erzeugen; sie mussten in wirklicher Gefahr sein. Und wenn man herausfindet, dass das allerletzte an der Gefahr die Furcht vor dem Tod selbst ist, muss man es einfach verwenden. Aber ich habe das Problem in solch einer komischen Art umgesetzt, dass man nicht weiter darüber nachdachte und morbid darüber wurde, dass die Figuren tödlichen Gefahren ausgesetzt worden waren. [...] Es machte die Geschichten erinnernswert.“[1]

Auch Carl Barks benutzte dementsprechend den Tod als Thema in seinen Comics, wenngleich weniger häufig als Gottfredson. Mit dem Waldbrand in Familie Duck auf Ferienfahrt stellte er etwa eine Katastrophe dar, wo die Ducks nur knapp mit dem Leben davonkommen. In Der Geist der Grotte wird Donald von einem Mann mit Schwert bedroht und in Piratengold will Kater Karlo ihn den Haien vorwerfen. Indirekt wird der Tod in Das Gespenst von Duckenburgh thematisiert, als Donald in einem Raum den toten Scotty entdeckt, der eines natürlichen Todes gestorben ist. Noch drastischer wird Barks in Gefährliches Spiel, wo indirekt gezeigt wird, dass sich mehrere Spione gegenseitig erschießen, und vor allem in Vor Neugier wird gewarnt, wo er direkt die Auflösung von Menschen in Staub darstellt. Ganz am Ende seiner Karriere, in Der Erbe des Dschingis Khan, thematisierte er wiederum körperlichen Verfallsprozess und Tod, den Barks allerdings nicht direkt zeigte.

Während der Tod bei Barks in den 1940ern und 50ern noch öfters vorkam, begann ab 1955 Western mit der Vorlegung einer Liste mit unzulässigen Themen, die Thematisierung von Tod einem Tabu zu unterlegen: „Minderheiten, Politik, Religion, Arbeit, Suizid, Tod, Einschränkungen (wie Blindheit), Folter, Entführungen, Erpressungen, Schlangen, Sex, Liebe, weibliche Bösewichte, Rechtsverdreher und Übergewichtige, die nicht Weiße sind“, sollten verboten sein.[2]

Mit zeitlicher Versetzung zu den USA begann auch in Italien das Tabu der Thematisierung des Todes stärker zu greifen. Frühe italienische Geschichten hatten den Tod ebenfalls immer wieder eingesetzt, vor allem Guido Martina hatte diesbezüglich wenig Bedenken. Besonders erwähnenswert ist Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms, in der in einem Panel zu sehen ist, wie der vom Phantom hypnotisierte Micky vermeintlich auf Kommissar Hunter einsticht (der dem Mordanschlag allerdings entkommt). In derselben Geschichte wird Goofy fast ertränkt und Micky (im italienischen Original) fast auf den elektrischen Stuhl gesetzt. In Der mysteriöse Mister Moster (LTB 36), ebenfalls von Martina, wird fast ein Hund vergiftet. Am Ende der Geschichte wird Donalds Duplikat in Luft aufgelöst, während Mister Mosters Villa – möglicherweise mitsamt Moster – in die Luft fliegt. Doch nicht nur Martina thematisierte relativ offenkundig den Tod. In der Geschichte Klarabellas Erbschaft (LTB 13) von Gian Giacomo Dalmasso und Giovan Battista Carpi sterben Klarabellas Onkel im Original durch eine Bombenexplosion, in der deutschen Version durch einen Hubschrauberabsturz. Diese klaren Anspielungen auf den Tod wurden allerdings in Italien mit der Zeit reduziert und auch wenn die Comics gerade Martinas immer noch Gewalt zeigten, war doch der Tod kein Thema mehr für einen Disney-Comic.

Ab den 1960ern

Während der Tod nun weder direkt noch indirekt gezeigt werden durfte, blieben zwei Ausnahmen weiterhin zulässig: Erstens durften Vorfahren oder Menschen, die in der Vergangenheit gelebt hatten, erwähnt oder gezeigt werden – die in der Gegenwart notgedrungen schon gestorben sein mussten. Zweitens konnte der Tod von Figuren wie Verwandten auch in der Gegenwart erwähnt werden, wenn dies zu dem Zweck geschah, Figuren eine Erbschaft zukommen zu lassen – ein Plotelement, das italienische Comics gerne verwendeten. Und während in den Maus-Comics, die ja oft stärker als Kriminalgeschichten angelegt waren, Waffengewalt noch häufiger eine Rolle spielte, verschwanden Waffen früher aus den meisten Duck-Comics, sodass Verbrecher selten mehr Pistolen dabei hatten. Und obwohl Maus-Comics oft Krimis sind und in normalen Krimis Mord ein häufiges Delikt ist, wird in diesen Geschichten nur noch Raub, Erpressung oder Schmuggel thematisiert, der Tod spielt in den Maus-Geschichten praktisch keine Rolle mehr.

In Deutschland führte der von Adolf Kabatek mitgeschriebene Code Moral Europress Junior zu einer weiteren Zurückdrängung potentiell als gefährlich eingestufter Inhalte. Der Code verbot explizite Gewaltdarstellung, damit war auch die Thematik des Todes nichts mehr, was seinen Platz in Comics finden sollte. Stellvertretend für die neue, harmlosere Art des Comicschreibens sei die Comicserie Abenteuer aus Onkel Dagoberts Schatztruhe erwähnt, die, von Kabatek lanciert, ganz den neuen Prinzipien verpflichtet war.

Natürlich gibt es nach wie vor Ausnahmen. Don Rosa etwa thematisierte in Sein Leben, seine Milliarden den Tod von Dagoberts Eltern (zunächst in Kapitel 8 indirekt den von Dankrade Duck und schließlich im Folgekapitel wesentlich offensichtlicher den von Dagoberts Vater). Dietbert, der die ganze Zeit über eine sehr wichtige Rolle gespielt hat, geht plötzlich ins Reich der Geister über, während seine Leiche im Bett bleibt. In einer Illustration deutete Don Rosa sogar an, dass seiner Meinung nach Dagobert Duck 1968 gestorben ist. Tatsächlich geht in Der Retter der Duckenburgh sogar Dagobert selber kurz ins Reich der Toten über, kehrt aber (natürlich) wieder zurück.

Weiters verwendete Don Rosa erstmals Figuren wie beispielsweise Della Duck, Dortel Duck oder Degenhard Duck, die zuvor höchstens in Zeitungsstrips erwähnt wurden oder auf privaten Stammbäumen von Barks kursierten. Da Disney Sexualität sowie Vater-Sohn-Beziehungen für Tabus erachtete, war die Darstellung etwa der Eltern Donalds oder Tick, Trick und Tracks bis zu Don Rosa weitgehend verboten und deren Verbleib wurde fast nie thematisiert. Durch die Verwendung in Don Rosas SLSM ergibt sich aber automatisch das Problem, dass Donalds sowie Tick, Trick und Tracks Eltern wohl gestorben sein müssen, weil sie in den in der Gegenwart spielenden Geschichten nicht mehr auftauchen. Don Rosa, der Tick, Trick und Track schon auf die Suche nach ihren Eltern schicken wollte, nahm von dem Projekt Abstand, da es entweder einen zu großen Einschnitt in den Kosmos bedeutet hätte, wenn Della lebend gefunden worden wäre, oder aber er hätte den Tod Dellas und damit ein Tabu zeigen müssen.[3]

Auch andere Autoren thematisierten den Tod, wie beispielsweise Casty. In Was gestern geschah… etwa schmeißt Kater Karlo Micky und Minnie eine Klippe runter, um sie endlich loszuwerden. Noch drastischer ist allerdings Das ewige Imperium. In diesem Monumentalwerk Castys wird explizit gezeigt, wie der Fürst Drageo nach und nach vier Minister des Fünferrats eines autoritären Staates vereist, um seine politischen Gegner loszuwerden und die Diktatur perfekt zu machen. Gefragt, ob die Vereisten nun tot sind, meinte Casty, dass Jüngere gerne denken dürfen, dass man sie wieder auftauen kann, aber die andere (tabuisierte) Option lässt er mindestens genauso gelten, besonders für Leser, die keine Kinder mehr sind.

Noch eklatanter ist die Darstellung des Todes in den Comicserien rund um den neuen Phantomias oder in Ein Fall für Micky, wo unter anderem Mickys Beerdigung und Grabstein in einer Vision gezeigt werden.

Gewalt in Comics

Platt, aber nicht tot – Donald in Der schönste Finderlohn (© Egmont Ehapa)

Abgesehen von diesen klaren Fällen, in denen lebensbedrohliche Situationen gezeigt werden, entsteht nicht ein geringer Teil des Humors im Comic aus der Tatsache, dass Figuren in Situationen kommen, in denen sie eigentlich sterben sollten, jedoch höchstens ein paar Blessuren davontragen. So wird Donald in der Barks-Geschichte Der schönste Finderlohn von einer aufgebrachten Menschenmenge überrannt – in der realen Welt würde Donald hier mit riesigen Schäden davonkommen und womöglich sogar sterben, im Comic liegt er einfach nur platt wie eine Briefmarke auf dem Boden und rennt in den nächsten Panels wieder fröhlich durch die Gegend. Es gehört zu Disney-Comics, dass Figuren Flugzeugabstürze, grobe Gewalt oder dergleichen unbeschadet überstehen. Wenn sie einmal im Krankenhaus landen, so oft nach Unfällen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten tödlich ausgehen können.

Einzelnachweise

  1. Carl Barks: Interview mit Donald Ault, Thomas Andrae und Stephen Gong. In: Carl Barks Conversations, S. 103f.: „The characters had to be in danger of death in order to create suspense in a story; they had to be in real danger. And when you figure that the very ultimate in danger is the fear of death itself, you just about have to use it. But I always dramatized this problem in such a comical way that you didn’t think back on it and get morbid about the fact that they had been exposed to deadly dangers. [...] It made the story memorable.“
  2. Thomas Andrae (2006): Carl Barks and the Disney Comic Book. Jackson, MS: University Press of Mississippi. S. 233.
  3. Don Rosa: Zufallsbesuch in Shangri-La, in Don Rosa Collection 3.