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Romano Scarpa

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Romano Scarpa

Romano Scarpa (* 27. September 1927 in Venedig; † 23. April 2005 in Málaga) war ein italienischer Comiczeichner und -Autor, sowie Animator. Seinem Vorbild Walt Disney nacheifernd begann er beim Trickfilm, kam aber schon 1952 zum Disney-Comic, wo er daraufhin über ein halbes Jahrhundert sowohl als Zeichner, als auch als Autor aktiv war. In dieser Zeit entstand eine Reihe von Meisterwerken wie Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms, Der fliegende Schotte, Die Irokesenkette oder Seoul 1988 um nur einige wenige zu nennen, außerdem schuf Scarpa eine Vielzahl von bedeutenden Figuren wie Gitta Gans oder Atömchen und schaffte es mit seinem „amerikanischeren“ Stil auch als erster Italiener wieder zurück in die USA. Heute gilt er sowohl im Bereich der Ducks, als auch bei den Mäusen als der wohl bedeutendste und beste italienische Disney-Künstler aller Zeiten.

Listen-Icon.png Liste aller Comicgeschichten von Romano Scarpa

Biografie[Bearbeiten]

In seiner Jugend in Venedig entwickelte Scarpa eine besondere Liebe zu amerikanischen Zeichentrickfilmen, den Disney-Cartoons und -Comics, welche zu der Zeit im großformatigen Topolino Giornale erschienen, das damals die klassischen Geschichten von Floyd Gottfredson abdruckte. Er studierte an der Kunstakademie (Accademia di Belle Arti) in Venedig und erhielt Unterricht in Malerei und Architektur, wenngleich ihn Comics und Filme wesentlich mehr interessierten.[1][2] Seinen Interessen folgend plante er, es Walt Disney gleichzutun.[3] Deshalb eröffnete er in den 1940ern ein Animations-Studio in seiner Heimatstadt nahe der Rialtobrücke,[2] wo er einige seiner besten Arbeiten anfertigte, darunter Werbefilme und einen Kurzfilm namens E poi venne il diluvio. Ein weiterer hochklassiger Kurzfilm namens La piccola fiammiferaia (1953, basierend auf Hans Christian Andersens Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen) wurde in Italien zusammen mit Robert Aldrichs Ardennen 1944 (1956) aufgeführt. Scarpas Beiträge wurden als Meilenstein der italienischen Animationsfilmgeschichte betrachtet.[4]

Bereits 1947 hatte er versucht, im Disney-Comic-Bereich Fuß zu fassen und eine Bewerbung an Mondadori geschickt. Zum damaligen Zeitpunkt füllten allerdings die Geschichten von Floyd Gottfredson und Carl Barks das Topolino-Magazin und der Verlag sah wenig Wert darin, eine eigene italienische Produktion abseits dessen aufzubauen, was das Duo Guido Martina-Angelo Bioletto leistete. Scarpa bekam eine Absage. 1952 allerdings hatte sich die Lage geändert. Die Steigerung der Ausgabenzahl pro Jahr machte es notwendig, eigene Geschichten zu produzieren, zudem war Scarpa aufgrund einbrechender Märkte für Animationsfilme in seinen Erwerbsmöglichkeiten beschränkt. Es war schließlich Giovan Battista Carpi, der Scarpa riet, nochmal beim Topolino-Chefredakteur Mario Gentilini nachzuhaken, diesmal mit Erfolg.[5] Gentilini stellte ihn an, zunächst nur für Geschichten mit Schneewittchen, die allerdings Scarpas Naturell sehr entsprachen.[4] Als den italienischen Redakteuren die Gottfredson-Geschichten zum Nachdrucken ausgingen, wurde Scarpa damit beauftragt, dessen „Micky Maus“-Geschichten fortzusetzen, nachdem kurz zuvor sein erstes Meisterwerk, Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms, erschienen war. Die gewissenhafte Ausführung und der große Erfolg dieser von Guido Martina geschriebenen Geschichte überzeugten die Redaktion wohl, dass Scarpa künftig auch seine Skripts selbst schreiben durfte.[6] Die erste derartige Geschichte war Krebse in Burgunder.

Scarpa 1990 bei der Entgegennahme des Yellow-Kid-Preises

Den Disney-Comics blieb Scarpa bis an sein Lebensende treu, auch wenn er zeitweilig aufgrund seiner radikal gesteigerten Comic-Produktion als Texter kürzer treten musste. Ab 1963 produzierte Scarpa auch Comics mit spezifisch amerikanischem Touch und war bald auch für die Disney Studios tätig, woraus eine ganze Reihe S-Code-Stories resultierten.[2] Neben seiner Arbeit an Disney-Comics versuchte er sich aber gelegentlich auch an anderen Serien. 1961 schuf er für Topolino einen Comic um das von ihm selbst kreierte Seepferdchen Codino, das er an die Silly Symphonies anlehnte.[7] 1963/64 folgten nach Szenarios von Max Massimino Garnier für die Zeitschrift Girandola zehn Geschichten mit dem rebellischen Engel Angelino. 1968 schrieb und zeichnete Scarpa einen Yogi-Bär-Comic für das Heft Braccobaldo presenta gli Antenati. 1980 zeichnete er für den deutschen Comicmarkt eine Geschichte mit Lupo, die im gleichnamigen Taschenbuch erschien. Außerdem verfolgte er noch einige Zeichentrickprojekte wie Ainhoo degli icebergs (1972), The Fourth King (1977) und die TV-Serie Die Jagd nach dem Kju Wang (Sopra i tetti di Venezia, 2001). Für die DuckTales-Folgen setzte Scarpa einen Animationstest um und animierte Disney-Charaktere für das Intro der Topolino-Show.[8][9]

Ab 1988 wurden einige seiner Geschichten von Gladstone Publishing in den USA veröffentlicht; damit war er der erste italienische Disney-Autor überhaupt, dessen Werk der Weg zurück nach Amerika gelang. Auch die Gladstone-Nachfolger Disney Comics, Gemstone und BOOM! druckten Geschichten von Scarpa.

Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Scarpa aus gesundheitlichen Gründen in Spanien, wo er für Egmont arbeitete. Als er nach langer Krankheit am 23. April 2005 für immer den Zeichenstift aus der Hand legte, war das für die Disney-Comicwelt ein großer Verlust.

Comics[Bearbeiten]

→ Eine Gesamtliste aller Comics von Romano Scarpa, sortiert nach Datum der Erstveröffentlichung, bietet diese Liste hier.
→ Der Scarpa-Index hingegen listet die Comics sortiert nach deutscher Veröffentlichung auf.

2014 erschien in Italien die Reihe „Le grandi storie Disney – L'opera omnia di Romano Scarpa“, die mit 51 Büchern das Gesamtwerk Romano Scarpas publiziert hat. Neben den Geschichten sind auch Zeichnungen und Künstlerportraits sowie Interviews enthalten. Das erste Buch kostete nur € 1,90, die restlichen 7,99 €.

Die nun folgende Einteilung des Werks von Scarpa in verschiedene Phasen basiert auf der Einteilung von Francesco Stajano, ist aber, wie von ihm betont, auch ein Stück weit subjektiv.[10] Die detaillierte Analyse im F.I.E.S.E.L.S.C.H.W.E.I.F.-Forum bietet einen ähnlichen Rahmen, aber etwas unterschiedliche Einteilungen.[11]

Frühe Phase (1953–1962)[Bearbeiten]

Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms – Scarpas spannungsgeladener Durchbruch (© Egmont Ehapa)

Scarpas frühe Phase gilt gemeinhin als die mit den besten Geschichten, jedoch etwas schwächeren Zeichnungen, da sich sein so typischer und die italienischen Disney-Comics prägender Stil erst im Laufe der Zeit herausbildete. Scarpas Zeichenstil ist in der Phase etwas „trashig“, der Pinselstrich spitz. In seinen Micky-Geschichten orientiert sich Scarpa am Stil Gottfredsons und zeichnete Micky stets mit zwei Haaren am Kopf. Die Darstellung der Ducks ist etwas gestaucht, bisweilen wirken die Figuren sehr kantig. 1961/62 änderte sich sein Zeichenstil der Ducks etwas, die nun runder und dicklicher wirken, sodass sogar von einer „Pummel-Phase“ gesprochen wurde.[11]

Die Comicgeschichten der ersten zwei Jahre, die Scarpa zeichnete, wurden noch von Guido Martina geschrieben. Dazu zählen insbesondere die Comics um Schneewittchen, für die Scarpa bei Mondadori angestellt worden war. Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms war für längere Zeit die letzte Scarpa-Geschichte, die von Martina geschrieben wurde und bedeutete mit der Rückkehr des Schwarzen Phantoms einen Paukenschlag für die italienischen Disney-Comics, die bislang eher im Schatten der amerikanischen Produktion gestanden hatten. Das Ende der von King Features Syndicate produzierten langen Gottfredson-Geschichten mit Micky Maus ermöglichte es Scarpa, diesen Platz einzunehmen und, in der ersten Geschichte noch zusammen mit Martina, ab dann in Eigenregie, Kriminalgeschichten im Stile Gottfredsons zu schreiben. In den folgenden Jahren entstanden die großen, meist über 60 Seiten langen Micky-Geschichten aus der Feder Scarpas, die Micky vor äußerste Herausforderungen stellten und sich im Allgemeinen durch einen komplexen Handlungsaufbau auszeichneten. Mickys Hauptgegner in diesen Geschichten ist wie bei Gottfredson Kater Karlo, allerdings stellt Scarpa Micky mit Goofy, Gamma und dem neugeschaffenen Atömchen wichtige Helfer an die Seite. Besonders der Atömchen-Zyklus ragt mit den Geschichten Micky und die vierte Dimension, Auf den Spuren der Indianer, Die Irokesenkette und Der Kaiser von Quacktanien heraus, hinzu treten die Klassiker Ein entfernter Verwandter und Die Kralle der Kali.

Krebse in Burgunder war Scarpas erste selbstgeschriebene Geschichte (© Egmont Ehapa)

Gegenüber den langen, spannenden Maus-Geschichten, die für diese Phase so typisch sind, fallen die in der Regel kürzeren Duck-Geschichten etwas ab. Sie sind in der Regel humorvoller und einfacher gestaltet. Dass Scarpa aber auch hier Großes zu leisten vermochte, zeigt die Geschichte Die Linsen aus Babylonien, die sich in ihrer Komplexität den Vergleich mit den Maus-Geschichten nicht zu scheuen braucht und zu den raffiniertesten Geschichten gehört, die Scarpa je geschrieben hat. Mit Der rasende Kurier lässt Scarpa auch Donald ins Krimi-Milieu eintreten. Sowohl in dieser Geschichte als auch in Der Fliegende Schotte, die beide zu den Meisterwerken Scarpas zählen, betont Scarpa Dagoberts weiche Seite. Ebenfalls in diese Phase fällt die Erfindung von Gitta Gans, die für mehrere Duck-Geschichten genug Stoff bot. Einflussreich war nicht nur die erste Geschichte mit ihr, Der letzte Gulu-Gulu, sondern auch der 1962 erstveröffentlichte Klassiker Der Kolumbusfalter, in welchem Gitta erstmals Dagobert Konkurrenz zu machen beginnt.

1962 erhöhte Mondadori die Eigenproduktion von Geschichten und Scarpa schrieb nun seine Stories nicht mehr selbst, nachdem er 1959 bereits das Tuschen endgültig an Rodolfo Cimino abgegeben hatte, der bis zum Ende dieser Phase sein Inker bleiben sollte. Den in dem Jahr gezeichneten Geschichten standen meist Skripts der Barosso-Brüder zugrunde, sie waren auch fast alle um die 30 Seiten lang und damit kürzer als die von Scarpa selbst geschriebenen Geschichten der Jahre zuvor.

Modernistische Phase (1963–1966)[Bearbeiten]

Und dann kam Dolly ist ein typisches Beispiel der modernistischen Phase (© Egmont Ehapa)

Diese Phase wird von Francesco Stajano auch als „schmutzig“ („dirty“) bezeichnet und gilt im Allgemeinen als schwächste Phase von Scarpas Schaffensperioden.[10][11] Im Unterschied zur vorherigen Phase werden die Figuren nun größer und schmaler und sehen bisweilen etwas unproportioniert aus. Gleichzeitig zeichnet Scarpa in dieser Phase seine Figuren am dynamischsten und sein Pinselstrich ist ein wenig nervös und abgesetzt. Micky verliert seine zwei Haare am Kopf, die zuvor noch so typisch für Scarpa waren. Der starke Wechsel in der Darstellung erklärt sich dadurch, dass Scarpa nun weniger versuchte, sich am Gottfredson-Micky zu orientieren, sondern die Darstellung Mickys durch Fred Moore als Anregung aufnahm.[12]

In dieser Phase schrieb Scarpa die wenigsten seiner Geschichten noch selbst, sondern setzte nun etliche Skripts von Abramo und Giampaolo Barosso um. Sein wichtigster Autor in dieser Phase wurde aber Rodolfo Cimino, der bei Scarpa als Inker angefangen hatte, aber von ihm überzeugt wurde, es als Autor zu versuchen. Cimino entwickelte in diesen Geschichten seinen typischen Schreibstil, griff aber auch auf den Wettstreit zwischen Dagobert und Gitta zurück. Es entstanden Klassiker des Genres wie Der Tortenkampf. Die von Scarpa selbst geschriebenen Geschichten waren nun in der Regel kürzer und einfacher, zudem konzentrierten sie sich mehr auf Gags und nicht mehr so stark auf Spannung. Scarpa wandte sich der Figur Maxi Smart zu, mit der als Titelheld einige Geschichten entstanden, von denen die meisten im deutschen Sprachraum noch nicht veröffentlicht sind. Geschichten wie Der Mann aus Ping-Pong oder Das kostbare Korallenkänguruh zeigen allerdings, dass Scarpa nach wie vor lange spannungsgeladene Mausgeschichten schreiben konnte, die sich mit früheren Abenteuern messen können. Zudem führte er zwei neue Figuren in dieser Phase ein: Dummy Duck und Dolly Duck. In den Dagobert-Geschichten wurde nun Klaas Klever als Gegner wichtiger, nachdem er in den früheren Scarpa-Geschichten kaum aufgetreten war.

Ab dieser Phase wurden Scarpas Geschichten von Giorgio Cavazzano getuscht.

Archetypische Phase (1967–1973)[Bearbeiten]

Goophysseus, der Super-Athlet – Scarpas Lieblingsgeschichte (© Egmont Ehapa)

Diese Phase wird als Scarpas zeichnerisch stärkste angesehen, wobei die Unterschiede zur folgenden, „reifen“ Phase minimal sind.[10][11] Da Scarpa nun seinen klassischen Zeichenstil ausprägte, ist die Bezeichnung „archetypisch“, die Francesco Stajano verwendet, wohl gerechtfertigt. Sein Pinselstrich ist nun sauber und ordentlich, nicht abgesetzt, und die Proportionen stimmen so gut wie immer. Die große Dynamik nimmt etwas ab, die Zeichnungen wirken weniger hektisch, was ihnen guttut. Micky hat nun wieder zwei Haare am Kopf.

In dieser Phase war Scarpa am produktivsten innerhalb seiner gesamten Zeichnerkarriere, 135 Geschichten entstanden in sieben Jahren. Das war nur möglich, weil Scarpa nun fast ausschließlich Skripts anderer Autoren umsetzte. Cimino und die Barosso-Brüder blieben wichtige Autoren für ihn, aber Scarpa setzte nun auch wieder viele Geschichten von Guido Martina um und auch Carlo Chendi und Jerry Siegel schrieben einige Geschichten für ihn. Unter den wenigen selbstgeschriebenen Geschichten stechen die zwei langen Micky-Geschichten Abenteuer unter dem Eis – die letzte von Scarpas klassischen Maus-Abenteuern[13] – und Goophysseus, der Super-Athlet – nach eigenem Bekunden Scarpas Lieblingsgeschichte[10] – hervor. Nach Skripts von Guido Martina schuf Scarpa in dieser Phase seine einzigen beiden Geschichten mit Phantomias und arbeitete gemeinsam mit Martina und Giovan Battista Carpi an der Serie Glanz und Gloria derer von Duck mit. Nicht zuletzt war das Buch Topolino allo zecchino d'oro (auf Deutsch noch unveröffentlicht) eine Koproduktion von Scarpa und Martina. Cimino gab Scarpa die Möglichkeit, weitere klassische Konkurrenzkämpfe zwischen Gitta und Dagobert umzusetzen, darunter Der blaue Fluch und Der schonungslose Schuhkampf. Aus der Zusammenarbeit von Siegel und Scarpa wiederum resultierten beispielsweise die Geschichten Helden des Weltraums und Düsentrieb unter Verdacht. Scarpa zeichnete in dieser Phase zudem etliche S-Code-Geschichten, die zumeist vierreihig und kürzer waren.

Das Tuschen in dieser Phase übernahm fast ausschließlich Giorgio Cavazzano, bisweilen unterstützt von seinem Cousin Luciano Capitanio.

Reife Phase (1974–1983)[Bearbeiten]

Das erste Fußballspiel der Welt ist ein Beispiel für die reife Phase (© Egmont Ehapa)

Stilistisch ist die Phase sehr ähnlich zur vorherigen, ein wenig fällt die veränderte Dynamik auf und dass die Figuren etwas kleiner sind. Mickys zwei Haare am Kopf sind wiederum verschwunden.[11] Der Hauptunterschied zur vorherigen Phase ist nun aber, dass ab 1973 nicht mehr Cavazzano, sondern hauptsächlich Sandro Del Conte, bisweilen auch Sandro Zemolin, für Scarpa tuschte.

Scarpa begann ab 1975 wieder hauptsächlich selbst seine Geschichten zu schreiben. Wenn er Skripts anderer Autoren umsetzte, handelte es sich meist um solche Martinas. Eine besondere Stellung nimmt die 1982 geschriebene Geschichte Die Abenteuer von Marco Polo ein, weil Scarpa und Martina hier das Skript gemeinsam verfassten. In seinen selbstgeschriebenen Geschichten führte Scarpa nun erneut einige Figuren in den Maus-Kosmos ein; damit ist diese Phase nach der Frühphase die zweite große Phase in Scarpas Werk, in der er die Disney-Comics nachhaltig prägte. Für Smart und Sohn erfand er den Adoptivsohn des älteren Maxis, Bruno, der oft ebenfalls als Maxi Smart bezeichnet wird. Scarpa setzte Bruno in Folge in den meisten Maus-Geschichten als Sidekick Mickys ein, der ihm bei seinen Abenteuern zur Seite steht. Eine weitere Erfindung dieser Phase war Karlos Vetter Kralle (für Wolfsmond). Weitere erwähnenswerte Maus-Geschichten dieser Phase sind Die außergewöhnliche Stravigari, Sabotage in Pumpistan, Das Geheimnis der Karaffe und Der fantastische Tokamak (mit Skript von Giorgio Pezzin). Ins Duck-Universum führte er in Kampf ums Gold die Duckoiden ein. Aber mit Das erste Fußballspiel der Welt, Im goldenen Käfig, Das Beruhigungswasser und Im Rhodiumfieber erschienen auch noch weitere seitenstarke Duck-Geschichten aus Scarpas Feder. In Scarpas eigenen Geschichten tauchten Tick, Trick und Track nun eher seltener auf, während Gitta Gans stark zum Einsatz kam.

Späte Phase (ab 1984)[Bearbeiten]

Seoul 1988 – Scarpas Meisterwerk (© Egmont Ehapa)

In der späten Phase bleiben die zuvor eingeübten, harmonischen Proportionen weitgehend bestehen, allerdings ist der Pinselstrich nun dicker und die Figuren meist einfacher gezeichnet. Die Schnäbel der Ducks wirken manchmal etwas eckig, die Ohren Mickys sind nun eher oval. In den italienischen Scarpa-Geschichten trägt Micky standardmäßig eine grüne Jacke, in denen für Egmont die rote, kurze Hose. Francesco Stajano konstatiert in den nicht selbstgeschriebenen Geschichten ein Gefühl der künstlerischen Müdigkeit.[10]

Während Scarpa 1984 noch hauptsächlich selber Geschichten schrieb, griff er ab dem folgenden Jahr zumeist auf Skripts anderer Autoren zurück, nun oft Giorgio Pezzin oder Carlo Panaro. Viele Geschichten waren nun eher aus dem Alltag der Ducks und Mäuse gegriffen. Es entstanden Geschichten, die sich auf Nebenfiguren konzentrierten, etwa Kommissar Hunter, Rudi Ross, Kater Karlo oder Baptist. In Scarpas selbstgeschriebenen Geschichten kam es zweimal zu Crossovers zwischen Duck- und Maus-Universums, in Der goldene Eisenkamm und Seoul 1988 – Olympisches Fieber, und einmal zu einem Aufgreifen der Figurenkonstellation von DuckTales, in Jagd auf Karte Nummer eins. In dieser Phase erfand Scarpa die Figur Zenobia, die er in mehreren Geschichten einsetzte. Besonders wichtig in dieser Phase waren die Stripgeschichten, die Scarpa in Anlehnung an sein großes Vorbild Floyd Gottfredson schuf, nämlich Topolino e l'enigma di Brigaboom, Topolino e la banda dello sternuto, Topolino e gli uomini vespa und Topolino in: Ciao Minnotchka, die alle auf Deutsch noch unveröffentlicht sind. Weitere erwähnenswerte Geschichten dieser Phase sind Das Scherbenmonster, Die Bergung der Gigantic, Wahn oder Wirklichkeit? und Die Formel des Reichtums, bei der Scarpa mit einer neuen Kolorierung spielte und die aufgrund der Auslotung der Beziehung zwischen Gitta und Dagobert zu den ganz großen Highlights seines Schaffens gehört, selbst wenn das Skript nicht von ihm stammt.

Das Tuschen in dieser Zeit übernahmen Sandro Del Conte, Maurizio Amendola und dann lange Jahre Lucio Michieli. Del Conte und Amendola avancierten in dieser Phase zu Scarpas Co-Zeichner, die die Geschichten grafisch ebenso prägten wie Scarpa selbst, weswegen bspw. Geschichten wie Der Thron im Schattental oder Die Nacht des Werwolfs nur teilweise Ähnlichkeiten mit Scarpas Stil haben.

Von Scarpa geschaffene Figuren[Bearbeiten]

Romano Scarpa ist sowohl im Duck- als auch im Maus-Universum derjenige Autor und Zeichner, der direkt nach Carl Barks und Floyd Gottfredson zu nennen ist, wenn es um die Schöpfung neuer Figuren geht. Da eine ganze Reihe von Scarpas Figuren heute noch großen Anklang findet und sich genau wie die Figuren von Barks und Gottfredson einen zentralen Platz in beiden Universen erarbeitet haben, kann Scarpas Einfluss in diesem Bereich gar nicht überschätzt werden.

Auffallend ist, dass Scarpa einen großen Sinn dafür hatte, männliche Figuren, die noch keinen weiblichen Gegenpart hatten, einen solchen zu geben. Scarpa hat deshalb mehr weibliche Figuren erschaffen als die meisten anderen Autoren und Zeichner. Häufig füllten diese Figuren auch Lücken, die zuvor dagewesen waren, auf; Scarpa hatte dementsprechend, wie er selbst sagte, das „Bedürfnis“, bestimmte Figuren zu erschaffen.[14]

Dettmar Duck

Dettmar Duck (© Egmont Ehapa)

Dettmar Duck (manchmal auch Herr Feilmeier), 1956. Er ist Herausgeber der großen Entenhausener Zeitung Der Rasende Kurier und ein herausragender Enthüllungsjournalist. Ferner ist er der Bruder von Onkel Dagobert. Scarpa verwendete Dettmar als Autor nur zwei Mal (und ein weiteres Mal als Zeichner), aber die Figur wurde später einige weitere Male aufgegriffen.

Atömchen

Atömchen

Atömchen, 1959. Atömchen ist ein von Professor Wunderlich erschaffenes vergrößertes und mutiertes Atom und ein guter Freund von Micky Maus aus der vierten Dimension. Atömchen ist als Figur ähnlich konzipiert wie der von Floyd Gottfredson erschaffene Gamma, nämlich als ein Unterstützer Mickys bei dessen Abenteuern, der aufgrund besonderer Fähigkeiten auch brenzligste Situationen meistern kann. Atömchen gelingt dies, indem er Mesonen ausstößt, die jedes mögliche Objekt verwandeln können. Scarpa griff etliche Male auf Atömchen zurück, bei späteren Autoren fand die Figur allerdings deutlich weniger Nachhall.

Gitta Gans

Gitta Gans (© Disney)

Gitta Gans, 1960. Gitta Gans ist das Gegenstück zu Dagobert. In den ersten Geschichten nichts weiter als eine nervtötende Verehrerin, die sich eine Heirat mit Dagobert in den Kopf gesetzt hat, entwickelt sich Gitta in Scarpas Œuvre zunehmend weiter. Sie emanzipiert sich zur geschäftlichen Gegenspielerin ihres Angebeteten, die, wenn er sie in Herzensdingen verletzt, diesem finanziell herbe Verluste zufügen kann. In seinen späten Comics zeigte Scarpa sogar, dass Dagobert unterhalb der harten Schale für Gitta mindestens Wertschätzung übrig hat oder sogar echte Gefühle hegt. Scarpa konnte also bereits selbst alle Facetten ausschöpfen, die Gitta Gans und ihrem vielschichtigen Verhältnis zu Dagobert auch von vielen späteren Autoren und Zeichnern gegeben wurden.

Trudi

Trudi (© Disney)

Trudi, 1960. Scarpa erfand Trudi als Verlobte und Komplizin Kater Karlos. In frühen Geschichten scheint Trudi Karlo bisweilen äußerst lästig zu sein und seinem Versuch, die von ihm mehr geschätzte Minnie Maus zu bezirzen, im Wege zu stehen. Mit der Zeit wird das Verhältnis aber bei Scarpa harmonischer und Trudi und Karlo ergänzen sich immer besser, wodurch auch der notorische Bösewicht Karlo ein echtes Familienleben erhält, welches ihn in Scarpas späteren Comics um einiges sympathischer macht als in etlichen früheren Geschichten.

Tante Linda
Tante Linda, 1960. Mickys Tante wurde von Scarpa nur für eine Geschichte erfunden, aber in den 1990ern von anderen Autoren aufgegriffen, deren Skripte dann allerdings wiederum Scarpa umsetzte. Seitdem hat Tante Linda deutlich mehr Auftritte erhalten und, wie viele andere Scarpa-Figuren, einen festen Platz im Maus-Universum eingenommen.

Kuno Knäul

Kuno Knäul (© Egmont Ehapa)

Kuno Knäul, 1961. Kuno wurde von Scarpa als windiger Möchtegern-Geschäftsmann eingeführt, der zumeist abstruse Ideen für angeblich gewinnversprechende Geschäfte hat und Dagobert mit seinen Versuchen, ihn als Geldgeber zu gewinnen, den Nerv raubt. Während Scarpa Kuno in den ersten Geschichten noch relativ unabhängig verwendete, koppelte er ihn bald mit Gitta Gans und machte aus ihm den Geschäftspartner für die in diesen Belangen tüchtigere Gitta. In dieser Konstellation hat Kuno auch bei späteren Autoren und Zeichnern rege Verwendung gefunden.

Dummy Duck

Dummy Duck von Romano Scarpa (Quelle: I.N.D.U.C.K.S.)

Dummy Duck, 1964. Scarpa schuf Dummy als überdrehten, etwas verrückten Vetter Donalds, der zwar meist Gutes im Sinn hat, allerdings mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Als Figur füllt Dummy dieselbe Rolle, die meist Dussel Duck innehat, den Dick Kinney und Al Hubbard unabhängig von Scarpa ebenfalls 1964 erfanden. Deswegen konnte sich Dummy nie durchsetzen und hat es auf verhältnismäßig wenige Auftritte gebracht. Dummy ist im Vergleich zu Dussel der Ungestümere und Ausgeflipptere, mit dem man besser weniger als mehr Zeit verbringt.[15]

Graf Gollersberg
Graf Gollersberg, 1966. Graf Gollersberg ist ein Anwalt aus dem Duck-Universum, den Scarpa sechs Mal verwendete und der nach ihm nur in einer weiteren Geschichte aufgegriffen wurde.

Dolly Duck

Dolly (© Egmont Ehapa)

Dolly Duck, 1966. Dolly Duck wurde von Scarpa als Enkelin von Nelly eingeführt und ist gleichzeitig von Beginn an die Repräsentantin der Jugendkultur der 1960er (und entsprechend sehr aktiv, bisweilen überdreht). Dolly füllt altersmäßig eine Lücke, denn sie steht zwischen den Kindern Tick, Trick und Track und den erwachsenen Ducks, wobei sie in manchen Geschichten Scarpas eher als Teenagerin in Erscheinung tritt, die mit Tick, Trick und Track gemeinsam Abenteuer erlebt, in anderen aber wohl zu den Twens zu zählen ist, wenn Scarpa sie zur Journalistin macht und sie daher einer geregelten, entlohnten Arbeit nachgeht.

Maxi Smart

Maxis Adoptivsohn (© Egmont Ehapa)

Maxi Smart (auch Bruno), 1975. Es handelt sich um den Adoptivsohn der gleichnamigen Figur von Bill Walsh, die Scarpa ebenfalls etliche Male verwendete. Scarpa erfand Maxi für die Geschichte Smart und Sohn und verwendete die Figur später gerne in seinen eigenen Geschichten als Sidekick für Micky. Maxi ist jedoch eindeutig noch ein Kind und bringt dementsprechend zwar eine Hilfsbereitschaft, aber auch eine Naivität mit ein. Während Scarpa Maxi gerne verwendete, wurde er später oft als „farblos“ wahrgenommen und nur selten eingesetzt.

Kralle

Kralle (© Egmont Ehapa)

Kralle, 1977. Mit Kralle schuf Scarpa ein weiteres Familienmitglied Kater Karlos, in diesem Fall dessen Cousin. Kralle tritt bei Scarpa immer als deutlich intelligenterer Komplize Karlos auf, der als Erfinder und Tüftler Möglichkeiten findet, wie er, Karlo und Trudi einen möglichst großen Coup landen können. Scarpa zeigt in Seoul 1988 zudem Kralles Talent, seine Stimme mittels eines Taschentuches auf der Nase oder einem Trichter vorm Mund zu verstellen, womit er sich als Kommissar Hunter ausgeben kann.

Duckoiden
Duckoiden, 1981. Die Duckoiden, Außerirdische unter ihrem König Astroduck, sind ganz auf Gold ausgerichtet, welches sie als Treibstoff für ihre gesamte Technologie benötigen. König Astroduck ist zudem genau wie Onkel Dagobert versessen darauf, möglichst viel Gold sein Eigen nennen zu dürfen. Die Duckoiden wurden von Scarpa nur in zwei Geschichten verwendet und tauchten später kaum mehr auf.

Zenobia

Zenobia (© Egmont Ehapa)

Zenobia, 1983. In der ersten Geschichte noch eine afrikanische Königin, avanciert Zenobia in der zweiten Geschichte zu Goofys Freundin. Scarpa verwendete Zenobia in einigen seiner späten Maus-Geschichten, nach ihm wurde die Figur aber nur noch selten aufgegriffen.

Stil[Bearbeiten]

Zeichnungen[Bearbeiten]

Scarpas Zeichnungen sind durch teilweise extreme Dynamiken und durch einen expressiven Stil gekennzeichnet. Seine Figuren können zu heftigen Bewegungen in schnellem Tempo neigen, was bisweilen ein überstürztes Gefühl auslösen kann. Andererseits stellt Scarpa gerne Gefühle dar und es finden sich etliche ruhige Momente in seinen Comics. Scarpa verwendete eine Bandbreite an unterschiedlichen Gesichtsausdrücken, die ihresgleichen sucht. Abgesehen von den Extremen finden sich auch Zwischentöne wie Zweifel, Verblüffung oder Bedrängnis.[16] Scarpa mochte es nicht, Situationen oder Darstellungen einfach zu kopieren, da es ihm vorkam, als würden die Geschichten damit stereotyp werden.[5] Daraus resultiert, dass seine Figuren nicht statisch wirken und kaum ein Gesichtsausdruck mehr als einmal in seinem Werk zu sehen ist.[11]

Besonders die Geschichten der Frühphase sind durch die Liebe zum Kino geprägt (siehe unten) und nehmen einen filmhaften Stil an, der den Kriminalfilmen und dem „stil noir“ ähnelt. Bemerkenswert an diesen Geschichten ist der gekonnte Einsatz von Hell-Dunkel-Darstellungen und Schatten, um Spannung zu erzeugen, erkennbar etwa in Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms. Seine Darstellung von Micky Maus in den frühen Geschichten imitiert den Stil Floyd Gottfredsons, sodass etliche Leser damals meinten, Gottfredson selbst sei zum Zeichenbrett zurückgekehrt.[17] Diese Imitation, sowohl zeichnerisch als auch storytechnisch, war bewusst gesetzt und bedeutete für Scarpa harte Arbeit, um das Vorbild Gottfredson möglichst authentisch wiederzugeben. In einigen Geschichten signierte Scarpa sogar seine Panels mit „Walt Disney“, so wie es Floyd Gottfredson gemacht hatte. Dies bedeutete für ihn viel und hob die Bedeutung der Zeichnungen hervor.[18]

Geschichten[Bearbeiten]

Scarpas Dagobert erweist sich bisweilen als weich (© Egmont Ehapa)

Scarpas selbst geschriebene Geschichten unterscheiden sich zum Teil deutlich vom zuweilen als typisch italienisch empfundenen Stil Guido Martinas. Scarpas Geschichten kommen mit deutlich weniger Brutalität aus, dafür spielen Moral und Gefühl eine weitaus größere Rolle, sodass Scarpas Dagobert dem von Barks deutlich ähnlicher ist als dem Martinas. Dagobert ist zwar auch bei Scarpa nach außen hin hartherzig, er offenbart jedoch bisweilen eine sentimentale Seite.[6][19] Diese ist gut ersichtlich in Der fliegende Schotte sowie Der Südsee-Yeti. Aber auch in Krebse in Burgunder stellt sich am Ende heraus, dass Dagobert wohltätig sein kann. Micky wiederum war Scarpas Lieblingsfigur und wurde von ihm als „amerikanischer Durchschnittsbürger“ gesehen, der aber in Scarpas Geschichten immer voller „Fehler, Unzulänglichkeiten, Schwächen, Unbeholfenheit und Ängste“ und damit mitnichten perfekt ist.[20] Genau diese sehr menschliche Charakterisierung von Micky machen Scarpas Maus-Geschichten so besonders.

Scarpa versuchte wie Gottfredson, Kontinuität innerhalb seines Werkes sicherzustellen und – besonders bei den Maus-Comics – eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Es kommt zwar selten vor, ist aber dennoch nichts Ungewöhnliches, wenn sich Micky in Scarpa-Geschichten an frühere Kriminalfälle erinnert. In Die Irokesenkette beispielsweise findet sich im Original ein Hinweis auf die Geschichte Der rätselhafte Severin.[21] Diese Bezüge wurden teils von den Redakteuren gestrichen, die diese Herangehensweise für zu selbstreferenziell hielten. Dies betraf eine Passage in Seoul 1988, in der sich Dagobert an ein früheres Zusammentreffen mit Micky in Der goldene Eisenkamm hätte erinnern sollen.

Eine besondere Kontinuität bietet der Atömchen-Zyklus von Scarpa. Er geht so weit, dass Scarpa Atömchens Abreise in Hilferuf aus Shangri-La zeigt, in einer Geschichte, in der Atömchen sonst gar nicht vorkommt. Floyd Gottfredson hatte in Mousepotamia Ähnliches mit Gamma gemacht.

Scarpa arbeitete daran, in seinen Geschichten den klassischen Wesenszug des amerikanischen Stripformats zu reproduzieren und aller vier Panels einen Gag oder einen spannungsgeladenen Moment zu präsentieren – eine Technik, die als „falscher Strip“ bezeichnet wird. Dies bedeutet aber auch, dass kein Panel der Geschichte zu viel sein darf, woraus sich wiederum das hohe erzählerische Tempo der Scarpa-Comics erklärt.[22]

Scarpas Kriminalgeschichten kennzeichnet des Öfteren ein raffinierter Plot und selten sind die zu Beginn präsentierten Schuldigen die wahren Täter. Beispiele dafür sind Der Mann aus Ping-Pong und Die Kralle der Kali, wo erst auf den letzten Seiten das Rätsel gelöst und der Schurke entlarvt wird.[23] Diese Geschichten offenbaren Scarpas großes Talent dafür, ganz zum Schluss noch Überraschungen zu bieten und den Leser damit keine Sekunde zu langweilen.[24][5]

Ein weiteres Charakteristikum Scarpas ist das Spiel mit dem Medium Comic und mit dessen Figuren, den „funny animals“. In Die Irokesenkette und Das ewige Feuer der Königin Kalhoa zeigt Scarpa eine Bildergeschichte im Comic. Zudem spielt er mit der Verwirrung zwischen Bild und Wirklichkeit. In Micky und die vierte Dimension zeigt Professor Wunderlich Atömchen ein Bild von Micky, welches dem Micky in seiner frühen Gottfredson-Version entspricht. Atömchen kennt sich nicht aus und hält kurzfristig Minnie für Micky, denn beide haben sich in der Zwischenzeit verändert.[25]

In Der Südsee-Yeti zeigt Scarpa eindrucksvoll kulturenübergreifende Freundschaft und Antirassismus (© Egmont Ehapa)

Bei den Figuren kann man bei Scarpa nie ganz sicher sein, ob er sie nun als Tiere oder als Menschen verwendet. In Ein entfernter Verwandter hört Kater Karlo mit den empfindlichen Ohren einer Katze die Schallwellen des Meteoriten, während sie Micky als Maus nicht zu stören scheinen. Weiterhin vergleichen sich Scarpas Figuren des Öfteren mit ihrem tierischen Äquivalent. „Ich fühle mich gefangen wie eine Maus“, würde Micky daher sagen.[25]

Auch wenn Scarpa misogyne und rassistische Klischees teils reproduzierte – auch bei ihm haben Frauen Angst vor Mäusen und werden hysterisch und Afrikaner sind willige Diener –, achtete er doch stärker als viele andere Comicautoren und -zeichner jener Zeit auf Balance. Jeder männlichen Hauptfigur sollte eine weibliche zur Seite gestellt werden, die dieser überlegen sein konnte. Trudi hat zu Hause die Hosen an und kann Kater Karlos Eskapaden mit Minnie in Hilferuf aus Shangri-La wirkungsvoll beenden. Wenn Dagobert Gitta zu sehr ärgert, verbündet sich diese mit Kuno Knäul und kann Dagobert in seinen Geschäften große Konkurrenz machen, bzw. ihn sogar wirtschaftlich besiegen. Scarpas eigene Figuren sind daher in der Regel mehrdimensional.[26] In Der Südsee-Yeti entwirft Scarpa wider aller Stereotype ein positives Bild eines vordergründig primitiven Südseeinsulaners und erschafft eine „antirassistische Apologie zum Thema Freundschaft“.[27] Bei Scarpa finden sich zudem nicht – wie in etlichen Comics von Carl Barks[28] – rücksichtslose, imperialistische Appropriationen fremden Eigentums durch die Ducks.

Scarpa scheute sich nicht davor, Dinge zu thematisieren, die in Disney-Comics seltener anzutreffen sind oder gewissen Tabus unterliegen. Hervorhebenswert ist die Geschichte Smart und Sohn, in der Scarpa in einer Rückblende die Fremdenlegion zeigt und die Teilnahme Maxi Smarts an einem Krieg in Afrika thematisiert. Dieselbe Geschichte zeigt auch, wie Maxi eine Waise, den später von ihm adoptierten Bruno, findet. Kindesaussetzungen sind ansonsten kein Thema, das man in Disney-Comics findet. Weitere Geschichten Scarpas thematisieren allgemein Krieg und den schlechten Zustand der Welt (Der fantastische Tokamak, gemeinsam mit Giorgio Pezzin) oder Konflikte um und Abhängigkeiten von Erdöl (Sabotage in Pumpistan) sowie die Drogenproblematik (Topolino e l'enigma di Brigaboom, auf Deutsch unveröffentlicht). So wie in den Comics von Floyd Gottfredson stellte Scarpa besonders in seinen frühen Micky-Geschichten lebensbedrohliche Situationen dar und ließ sowohl Micky als auch seine Gegner Waffen aller Art gebrauchen. Selbstverständlich kam dabei nie jemand zu Schaden.

Hintergründe seines Werks[Bearbeiten]

In Die Irokesenkette ist der Einfluss von Alfred Hitchcock auf Scarpas werk besonders spürbar (© Egmont Ehapa)

Etliche von Scarpas Geschichten sind von Bezügen zu Filmen geprägt. Scarpa war ein Fan der Filme der 1940er und 50er, besonders der Kriminalfilme, und bewunderte das Werk von Alfred Hitchcock. Hitchcocks Einfluss auf Scarpa kann gar nicht geringgeschätzt werden. Mit Die Irokesenkette schuf Scarpa einen Comic, der seine Inspirationen aus zwei Hitchcock-Filmen zieht. Besonders eindrücklich ist die Referenz auf Vertigo, indem auch Micky in der Geschichte Schwindelanfälle bekommt. In Der Mann aus Ping-Pong lassen sich Ähnlichkeiten zu Hitchcocks Das Fenster zum Hof erkennen, etwa was die stark eingeschränkte Wahrnehmung sowohl Mickys wie auch des Lesers betrifft. Luca Boschi, Leonardo Gori und Andrea Sani haben Micky in Scarpas Frühphase sogar als „Topolino hitchcockiano“ bezeichnet, was dem dezidierten Hitchcock-Feeling der klassischen Kriminalgeschichten Scarpas Rechnung trägt.[29]

Aber auch zu anderen Filmen bestehen Bezüge. Frank Capras In den Fesseln von Shangri-La inspirierte Scarpa zu seiner Geschichte Hilferuf aus Shangrila. Die Grundidee von Der Mann aus Ping-Pong dürfte von John Frankenheimers Film Der Gefangene von Alcatraz übernommen worden sein. Aus Comics zog Scarpa seine Anregungen für die Geschichte Das ewige Feuer. Manchmal geschah auch das genaue Gegenteil: Der italienische Film Riusciranno i nostri eroi a ritrovare l'amico misteriosamente scomparso in Africa? (1968) basiert auf Scarpas Geschichte Ein entfernter Verwandter. Auch zu Büchern bestehen Bezüge. In Krebse in Burgunder durchschmökert Donald ein Buch von Edgar Wallace (im Comic zu Edgar Spallace verfremdet) und das anfängliche Setting in Die Kralle der Kali legt einen Einfluss der klassischen Kriminalromane von Agatha Christie nahe, da Scarpa ganz allgemein eine Schwäche für Kriminalromane und die Noir-Literatur hatte.[30]

Ferner lässt sich zeitgeschichtlich an Scarpas Werk die Entwicklung der Massenmedien beobachten, die Scarpa besonders faszinierten, wohl auch, weil er seine ersten beruflichen Erfahrungen im Filmbereich gemacht hatte. Mit Micky Maus geht in die Werbung findet sich eine seitenstarke Abhandlung über das Verlagswesen in Scarpas Œuvre. Bisweilen äußerst Scarpa in seinen Geschichten Kritik am Konsumismus und an moderner Kunst, die er als „List“ betrachtete, um „Obszönitäten“ zu hohen Preisen zu verkaufen und in die Riege der alten Meister aufgenommen zu werden.[31] Ein weiterer Faktor, der sich durch Scarpas Werk zieht, ist die veränderte Sichtweise zu Gewalt. Während Micky in den frühen Scarpa-Comics öfter Waffen in den Händen hielt, erkannte Scarpa im Laufe der Zeit, dass er vorsichtig sein musste und wo die Grenze zu ziehen war – nichtsdestotrotz zeigte er auch noch in späten Geschichten Waffen.[19]

Der fantastische Tokamak thematisiert Missstände in der Welt (© Egmont Ehapa)

Wie oben bereits erwähnt griff Scarpa wiederholt schwierige Themen auf und thematisierte damit nicht nur einmal weltpolitische Entwicklungen. Der fantastische Tokamak (mit Skript mit Giorgio Pezzin) liest sich als Reaktion auf die Spätphase des Kalten Krieges. In Seoul 1988 – Olympisches Fieber greift Scarpa den Koreakrieg auf und stellt ihn aus bemerkenswert neutraler Sicht dar, die keiner der beiden Seiten einseitig die Schuld zuweist. Mit Der Koloss von Abu Simbel wiederum liefert Scarpa einen zeitgenössischen Kommentar zum Bau des Nasser-Staudamms und die daraus resultierende Bedrohung für die Tempelanlagen von Abu Simbel. Interessanterweise wurde die von Scarpa vorgeschlagene Methode, die Tempel in Steinblöcke zu zerlegen und an einem erhöhten Ort wieder zusammenzusetzen, einige Jahre später tatsächlich so umgesetzt.[5] Schlussendlich thematisierte Scarpa in seinen Strip-Stories auch die Ökologiebewegung.[19]

Rezeption und Einfluss[Bearbeiten]

Romano Scarpa darf als der erste (und einer der wenigen) Autor und Zeichner zu gelten haben, der Geschichten mit Ducks und Mäusen in der gleichen, sehr hohen Qualität schaffen konnte.[32] Ferner war und ist Einfluss auf die italienische Disney-Comic-Produktion unübersehbar groß, was sich nicht nur stilistisch zeigt, sondern auch an den vielen Figuren, die Scarpa eingeführt hat, und an dem Niveau des Storytellings, das nach Scarpa zwar kaum mehr erreicht wurde, aber als großes Vorbild zu gelten hatte. Obwohl viele Zeichner versuchten, seinen Stil zu imitieren, kann man ihn mit Fug und Recht als den würdigen Nachfolger Gottfredsons (und Walshs) bezeichnen: Bei niemandem kam die Maus so sympathisch herüber wie bei Scarpa. Und auch zu den Erben von Carl Barks darf Scarpa sich mit Fug und Recht zählen, hat er doch Dagobert in erstaunlich barksscher Manier mit ausgeprägt sentimentaler Seite dargestellt. Barks lieferte sogar die Idee für Scarpas Geschichte Im goldenen Käfig.

In seiner über 50-jährigen Karriere als Disney-Künstler hat Romano Scarpa viele neue Talente auf den Weg gebracht, darunter Giorgio Cavazzano, Rodolfo Cimino, Sandro Del Conte und Luciano Gatto, die alle bei ihm als Inker begonnen hatten (siehe hierzu auch: Liste der Inker von Romano Scarpa). Zwar hat mittlerweile Giorgio Cavazzanos Stil den Scarpas als Hauptimpulsgeber und Vorlage abgelöst, aber in den 1960ern–1980ern lehnten noch vielfach Künstler ihre Zeichnungen an Scarpas Vorbild an.[33] Herausragend war Scarpas Einfluss auf den jungen Giorgio Cavazzano, bis dieser in den 1980ern zu seinem eigenen Stil fand; Cavazzanos frühe Geschichten steigern hingegen nochmal die Dynamik von Scarpas Zeichnungen. Während der Einfluss von Scarpas Stil bei allen seinen Tuschezeichnern erkennbar ist, ist er bei Luciano Capitanio besonders spürbar. Doch auch Zeichner, die nie für Scarpa tuschten, ließen sich von seinem Stil inspirieren, etwa Giorgio Bordini oder Giuseppe Dalla Santa.[11] Dalla Santas Stil ist in manchen seiner Geschichten dem Scarpas derartig ähnlich, dass Kurt Appel Dalla-Santa-Geschichten irrtümlicherweise Scarpa zugeschrieben hat.[34]

In jüngerer Zeit ist besonders Casty zu nennen, der sich in seinen Zeichnungen und den von ihm geschriebenen Geschichten stark an seinem Vorbild Scarpa orientiert, genauso komplexe Geschichten schreibt wie Scarpa und der etliche von Scarpa eingeführte oder maßgeblich geprägte Figuren „wiederbelebt“ hat (Atömchen, Maxi Smart, das Schwarze Phantom).

Scarpa war der erste und längere Zeit auch der einzige italienische Künstler, dessen Comics den Weg in die USA fanden und dort bereits von Gladstone veröffentlicht wurden. Am Rande hatte Scarpa auch auf die amerikanische Comicproduktion Einfluss, denn mit der in den Disney-Studios erfundenen Figur Gerti handelt es sich Scarpas Meinung nach um eine billige Kopie seiner Figur Trudi, ergänzt um Elemente von Gitta Gans.[35]

1990 erhielt Scarpa den „Yellow Kid“-Preis für sein Lebenswerk.[33]

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Timo Ronkainen: Romano Scarpa – Der italienische Meister. In: Hall of Fame 11, S. 4.
  2. 2,0 2,1 2,2 Biografie. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 7.
  3. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 94.
  4. 4,0 4,1 Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 95.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Fiorello Zagrando: Interview mit Romano Scarpa. In: If Anno II, Nr. 6 (1974), Link (italienisch)
  6. 6,0 6,1 Timo Ronkainen: Romano Scarpa – Der italienische Meister. In: Hall of Fame 11, S. 5.
  7. Silvano Mezzavilla: Interview mit Romano Scarpa (1975). Link (italienisch)
  8. Timo Ronkainen: Romano Scarpa – Der italienische Meister. In: Hall of Fame 11, S. 6.
  9. Artikel zu Scarpa im englischen Disney-Fandom
  10. 10,0 10,1 10,2 10,3 10,4 Analyse von Francesco Stajano
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 11,5 11,6 Analyse im F.I.E.S.E.L.S.C.H.W.E.I.F.
  12. Luca Boschi: Interview mit Romano Scarpa. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 12.
  13. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 107.
  14. Enrico Casarini: Ricordate Brigitta? L’ho inventata io. Interview mit Romano Scarpa. In: L'Europeo 43 (1993). Link (italienisch)
  15. Luca Boschi: Interview mit Romano Scarpa. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 12.
  16. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 113.
  17. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 94.
  18. Luca Boschi: Interview mit Romano Scarpa. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 8.
  19. 19,0 19,1 19,2 Claudio Piccinini: Scarpa e l’alchimia della disneyanità. In: Marvel Series Notiziario 7 (1992). Link (italienisch)
  20. Luca Boschi: Interview mit Romano Scarpa. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 9–10.
  21. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 101.
  22. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 114–115.
  23. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 115.
  24. Olaf Solstrand: Romano Scarpas Eigenheiten. In: Hall of Fame 11, S. 9.
  25. 25,0 25,1 Analyse einiger Eigenheiten von Scarpas Werk durch Patrice Blouin auf Twitter
  26. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 113.
  27. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 102.
  28. David Kunzle: Dispossession by Ducks: The Imperialist Treasure Hunt in Southeast Asia. In: Art Journal 49/2 (1990), S. 149–162.
  29. Luca Boschi, Leonardo Gori and Andrea Sani (1990): I Disney Italiani (Bologna: Granata Press) S. 114.
  30. Luca Boschi: Interview mit Romano Scarpa. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 10.
  31. Artikel zu Scarpa in der Paperpedia (italienisch)
  32. Kurt Appel: Romano Scarpa. In: Der Donaldist 101, S. 19.
  33. 33,0 33,1 Timo Ronkainen: Romano Scarpa – Der italienische Meister. In: Hall of Fame 11, S. 7.
  34. Kurt Appel: Romano Scarpa. In: Der Donaldist 101, S. 18–19.
  35. Luca Boschi: Interview mit Romano Scarpa. In: Die besten Geschichten von Romano Scarpa, S. 12.
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